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Gift: Töpfer macht Klar–Schiff

■ Belgische Regierung fällt um und nimmt Einfuhrverbot für deutsche Giftabfälle zurück / Nordsee für die Seeverbrennung wieder für zwei Jahre freigegeben / Greenpeace ist „außerordentlich enttäuscht“ / Töpfer verspricht Reduzierung der Giftmengen

Bonn (dpa/taz) - Die belgische Regierung hat ihren Boykott für Giftabfälle aus der Bundesrepublik nur wenige Tage aufrecht erhalten. Wie Umweltminister Töpfer gestern in Bonn stolz und erleichtert vermeldete, sei es ihm in „harten Verhandlungen“ gelungen, von Belgien eine auf zwei Jahre befristete Genehmigung für die weitere Einfuhr von chlorierten Kohlenwasserstoffen nach Antwerpen zu erhalten. Von Antwerpen aus werden die Giftabfälle in der Nordsee verbrannt. Greenpeace und Fischer aus mehreren Ländern hatten mehrfach die Verbrennungsschiffe behindert und gegen Gefahren der Seeverbrennung protestiert. Greenpeace zeigte sich gestern „außerordentlich enttäuscht“ von der Entscheidung der belgischen Regierung. „Wir sehen nicht, daß sich die Situation in irgendeiner Weise geändert hätte. Es gibt keine Rechtfertigung für das Umfallen der Belgier“, sagte Greenpeace–Sprecher Gerhard Leich. Er vermutet, daß die Bundesregierung und die Industrie erheblichen Druck auf Brüssel ausgeübt hätten, um die bedrohliche Blockade für deutschen Giftmüll zu durchbrechen. Belgien hatte zuvor argumentiert, es wolle nicht mehr länger Europas Hauptumschlagplatz für Giftabfälle sein, und die BRD müsse sich eine eigene Infrastruktur zur Entsorgung ihrer Chlorkohlenwasserstoffe aufbauen. Töpfer berichtete gestern der Presse, daß seine belgischen Kollegen nachgegegeben haben, weil er in den Verhandlungen „konkrete Elemente“ eines mittel– und langfristigen Entsorgungskonzepts habe vorlegen können. Fortsetzung auf Seite 2 Doch am Zeitplan Bonns zum Ausstieg aus der Seeverbrennung hat sich nichts geändert. Bis 1990 sollen lediglich 50 Prozent der jetzt anfallenden Menge der seeverbrannten Giftabfälle reduziert werden. Das endgültige Ende der Seeverbrennung wird weiterhin auf 1995 verschoben. Als Konzept verkaufte Töpfer jetzt das von der Industrie gegebene Versprechen, den Aball von chlorierten Kohlenwasserstoffen zu reduzieren. Die bisherige Genehmigung zur Entsorgung deutscher Abfälle über Antwerpen war am 4. Oktober abgelaufen. Seither waren die als krebserregend geltenden Lösungsmittel in Sammeltanks in Es sen und Mannheim und auf Firmengeländen zwischengelagert worden. Da diese Kapazitäten inzwischen ausgeschöpft waren, sei eine „außerordentlich problematische Situation“ entstanden, sagte Töpfer. Bei verschiedenen Firmen habe bereits die Produktionseinstellung gedroht. Außerdem sei die Gefahr einer illegalen Beseitigung gewachsen. Chlorierte Kohlenwasserstoffe werden als Reinigungsmittel von Metalloberflächen in der Automobilindustrie sowie in der chemisch– pharmazeutischen und der Elektroindustrie eingesetzt. Jährlich fallen in der Bundesrepublik 150.000 Tonnen solcher Lösemittel an. Davon werden etwa 55.000 Tonnen über Antwerpen durch Verbrennung auf der Nordsee beseitigt. Angesichts der Zweijahresfrist seien massive Anstrengungen zur Vermeidung, Wiederverwertung und Beseitigung an Land unumgänglich, sagte Töpfer. Vor allem müsse es gelingen, auf den Einsatz CWK– haltiger Lösemittel in der Industrie zu verzichten.

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