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Der Widerstand in Malaysia wächst an

■ Außerparlamentarische Opposition und ai kritisieren Festnahmen / Zahl der Inhaftierten auf 88 gestiegen

London/Kuala Lumpur (afp/ taz) - Drei Tage nach der großen Verhaftungswelle in Malaysia nahmen am Freitag erstmals die nationalen und internationalen Proteste gegen die Festsetzung von großen Teilen der Opposition in Kuala Lumpur zu. Während die Zahl der Inhaftierten am Freitag von 79 auf 81 stieg, machten 14 politische, religiöse und soziale Gruppierungen die malaysische Regierung für die gegenwärtigen Konflikte zwischen der malaysischen Bevölkerungsmehrheit und der chinesischen Minderheit verantwortlich. Sie verurteilten das Erscheinungsverbot für vier Zeitungen. Gerade in der aktuellen Krisensituation brauche das Land eine offene, ehrliche und kritische Presse. Die Verwandten der Festgenommenen verlangten von Premierminister Mahatir die sofortige Freilassung ihrer Angehörigen. Auch die internationale Gefangenenhilfsorganisation amnesty international forderte die Freilassung der Gefangenen. ai wies darauf hin, daß die Verhafteten ein breites Spektrum verschiedener ethnischer und sozialer Bewegungen sowie politischer Parteien repräsentieren, darunter prominente Menschenrechtsanwälte, Gewerkschafter, Akademiker und Mitglieder von Bürgerrechtsbewegungen. Festgesetzt wurden unter anderem Abgeordnete der liberalen und islamischen Oppositionsparteien sowie führende Mitglieder der sozialen Reformbewegung Aliran und der Umweltschutzverbände CAP und Environmental Protection Society. Nach Aussagen von Amnesty haben sie alle mit friedlichen und legalen Mitteln für gesellschaftliche Veränderungen gekämpft, sie werden auch keiner speziellen Straftaten beschuldigt. Da sie nach dem Internal Security Act verhaftet wurden, können sie nach malaysischem Recht nahezu unbegrenzt in Haft bleiben, ein Prozeß muß nicht stattfinden. Die malaysische Regierung hat die Verhaftungen damit begründet, die Opposition habe Konflikte zwischen den Ethnien geschürt. Hintergrund der Kontroverse ist die Frage, ob Lehrer, die des Chinesischen nicht mächtig sind, chinesische Schulen leiten dürfen. Chinesen befürchten in diesem Punkt kulturelle Dominanzgelüste der Malayen. Unabhängige Beobachter glauben jedoch eher, daß Spannungen innerhalb der regierenden UMNO–Koalition hinter der Repressionswelle stehen. Mahatir hatte die Präsidentschaftswahlen im Frühjahr nur knapp gegen seinen Stellvertreter gewonnen, dieser hatte die Wahl erfolgreich angefochten, und nach der Aufdeckung verschiedener Manipulationen werden die Gerichte am 1.11. über den wahren Sieger entscheiden. Daneben ist die Regierung in verschiedene Bauskandale verwickelt, das bislang erfolgreiche Wirtschaftsmodell zeigt Krisenerscheinungen.

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