piwik no script img

Dengs halbe Pensionierung

■ Chinas starker Mann ließ sich nicht mehr ins ZK wählen / Auch die meisten Reformgegener wurden vom KP–Kongreß abgewählt / Deng weiter Militärchef

Von Jürgen Kremb

Berlin (dpa/taz) - Chinas starker Mann und Begründer der wirtschaftlichen Reformpolitik, Deng Xiaoping, gehört nicht mehr dem neugewählten Zentralkomitee der kommunistischen Partei Chinas (KPCh) an. Der 83jährige Deng wurde am Sonntag bei der Abschlußsitzung des XIIIten Parteitages in der Beijinger „Großen Halle des Volkes“ erwartungsgemäß nicht mehr in das Gremium gewählt. Wie aus der neuen ZK–Liste der amtlichen Nachrichten–Agentur Neues China (Xinhua) hervorgeht, sind mit Deng auch eine ganze Reihe führender Altrevolutionäre und konservative Reformgegner aus der Zentrale ausgeschieden. Er wird nach den KP–Statuten auch nicht mehr dem Politbüro angehören, das heute gewählt wird. Mit seiner „halben Pensionierung“, wie es Deng kürzlich selbst formulierte, folgten die 1936 Abgeordneten des Parteitages erstmals in geheimer Wahl einem langgehegten Wunsch des Reformers auf Verjüngung der KP in allen Bereichen. In einem für ihn typischen Schachzug hat Deng durch seinen Rückzug aus ZK und Politbüro auch seine Widersacher aufs Altenteil verfrachtet. Dennoch gilt es als wahrscheinlich, daß Chinas starker Mann weiterhin Vorsitzender der Militärkommission der Partei und somit Oberbefehlshaber über drei Millionen Soldaten der Volksbefreiungsarmee bleiben wird. Es besteht kein Zweifel daran, daß er auch aus dieser Position heraus noch die Politik Chinas bestimmen wird. Wie es ein ausländischer Diplomat unlängst formulierte: „Selbst wenn der alte Deng nur den Beijinger Bridge–Club leitet, bleibt er stärkster Mann im Reich der Mitte.“ Unter den 175 Vollmitgliedern und 110 Kandidaten des ZK befinden sich überraschend wenige orthodoxe Kräfte. Damit sitzt die Dengsche Wirtschaftsreform in China wider Erwarten fester im Sattel, als die konservativ verwurzelte Kampagene „gegen bürgerlichen Liberalismus und Verwestlichung“ noch zu Beginn des Jahres erwarten ließ. „Komm Genosse Peng,“ hatte Deng zu Beginn der Sitzungen zu seinem konservativen Gegner, dem Volkskongress -Vorsitzenden Peng Zhen gesagt: „Wir lassen uns noch einmal gemeinsam fotografieren - zur Erinnerung.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen