Engelhard mahnt zur Besonnenheit

■ Deutsche Polizeigewerkschaft fordert Engelhards Rücktritt / Vermummungsverbot droht endgültig SPD–Vorsitzender Vogel bestreitet Zusammenhang von Vermummungs–Diskussion und den Schüssen

Berlin(taz) - Neben den Rufen nach schärferen Gesetzen gab es gestern nach den mörderischen Schüssen auch besonnenere Stimmen. Bei den Koalitionsparteien wurde die Forderung nach einem Vermummungsverbot nicht einheitlich vertreten. Nach den Worten des Bonner CSU–Landesgruppenchefs Theo Waigel ist ein solches Verbot „überfällig“. „Hinter der Maske der Vermummung verbirgt sich die blanke Gewalt“, rief Waigel aus. Der baden–württembergische Regierungssprecher Kleinert erinnerte mit Unterstützung der Landes–FDP an die Bundesratsinitiative zur härteren Bestrafung von Vermummung und passiver Bewaffnung. Auch Bun deskanzler Kohl drückte in Berlin sein Unverständnis darüber aus, wie ein solches Verbot als „liberales Problem“ angesehen werden könne. Vermummung sei „absonderlich und abartig“, meinte der Kanzler. Demgegenüber riet Justizminister Engelhard (FDP) bei aller „Empörung“ zur „Besonnenheit“. Auch der SPD–Vorsitzende Vogel bestritt „nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand einen Zusammenhang der Ereignisse mit der Diskussion um ein Vermummungsverbot“. Nach Ansicht der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund „sind Mord und Totschlag“ die Folge einer „inkonsequenten Rechtspolitik der FDP“, für die deutsche Polizeibeamte mit ihrem Leben bezahlen müßten. Engelhard habe wegen „einer völlig verfehlten Rechtspolitik zurückzutreten“. „In die Trauer um den Tod der ermordeten Kollegen“, so die Gewerkschaft weiter, „mischt sich eine unbeschreibliche Wut aller Polizeibeamten über ihre Rolle, Gewalt tolerieren zu müssen, wo längst konsequentes Handeln gefordert war“. Kritik übte der Verband auch an der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und deren Vorsitzenden Lutz, der gestern erneut ein Vermummungsverbot ablehnte. „Die Vermummten können wir heute schon von einer Demonstration ausschließen“, betonte Lutz. Zu scharfen Maßnahmen rief hingegen der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten (BDK), Herrmann, auf. Er forderte die „konsequente Verfolgung und vollständige Zerschlagung der Strukturen der Verbrechertrupps vermummter Gewalttäter“. In einer Erklärung des Bonner CDU–Fraktionsvorsitzenden Dregger hieß es:“ Von der Forderung Jutta Ditfurths, dieser Staat brauche nichts so sehr wie den Terror, über die Duldung eines rechtsfreien Raumes in der Hafenstraße bis zu gewalttätigen Demonstrationen in Wackersdorf führt ein und dieselbe Blutspur“. bmm