: Ein Taschengeld für Frauenforschung
■ Berliner Senat verabschiedet Förderplan / Eine Million Mark und drei Jahre Laufzeit sind vorgesehen / Ein Wahlkampfbonbon?
Bis zu einer Million Mark will der Berliner Senat im nächsten Jahr zur Förderung von Frauenforschung in Berlin bereitstellen. 1989 und 1990 soll der Etattopf für Frauenforschung dann nur noch mit jeweils 750.000 Mark gefüllt werden. Mit diesem unerwartet schnel len Beschluß in Sachen Frauenforschungsförderungsprogramm überraschte das Berliner Abgeordnetenhaus Anfang letzter Woche. „Lächerlich! Diese Summe ist ein Witz“ - so die ersten Reaktionen aus dem Kreis feministischer Wissenschaftlerinnen, die von der Entscheidung erst aus der Presse er fuhren. Gefordert hatten sie immerhin acht Millionen Mark - entsprechend dem Jahresetat der „Akademie der Wissenschaften“, dem umstrittenen Prestigeobjekt, das unlängst in Berlin im Rahmen der 750–Jahr–Feier mit Bundesmitteln gegründet wurde. „Acht Millionen sind nicht zuviel, wenn man die Frauenforschung ernst nehmen will“, so eine Mitarbeiterin der Zentraleinrichtung (ZE) zur Förderung von Frauenforschung und Frauenstudien an der Freien Universität Berlin. Es scheint, als habe der Senat sich die vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) erarbeiteten Empfehlungen in Sachen Frauenforschung im wesentlichen zu eigen gemacht. Die WZB–Vorlage geht auf eine Untersuchung zur Lage der Frauenforschung in Berlin zurück, die im Auftrag des Senats angefertigt wurde. Im Februar veranstaltete das WZB zu selbigem Thema ein Kolloquium im Berliner Reichstagsgebäude. Damals verständigten sich die eingeladenen Wissenschaftlerinnen auf folgende Punkte: gegen ein zentrales neues Fraueninstitut, für die Förderung vorhandener Strukturen und Einrichtungen an und außerhalb der Universitäten unter Beteiligung von Akademikerinnen und Nichtakademikerinnen. Im Anschluß an das Reichstags–Kolloquium bildete sich ein „Arbeitskreis (AK) der wissenschaftlich und künstlerisch tätigen Frauen in Berlin“. Gemäß den WZB–Empfehlungen nahm der Senat nun Abstand von der Idee, ein eigenes Frauenforschungsinstitut zu gründen. Die Instituts–Idee, etwa nach dem Modell des Hannoveraner CDU–Instituts „Frau und Gesellschaft“ war von Anfang an auf heftigste Widerstände gestoßen. Das Förderprogramm wurde - wie ebenfalls in der WZB–Vorlage gefordert - bei der Frauenbeauftragten des Berliner Senats, Carola von Braun (FDP), angesiedelt und soll die „personellen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen der vorhandenen Ansätze dezentral absichern und verbesern“. Gedacht ist an Forschungsprojekte, Stipendien, Tagungen und Dokumentationen. Über die Mittelvergabe soll eine Kommission aus „WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen“ entscheiden. Dennoch sind die Frauen des Arbeitskreises alles andere als zufrieden. „Mit einer Million kannst Du mal zwei größere Forschungsprojekte machen“, erklärt eine Soziologin. Nicht nur die Höhe der Summe ruft Unmut hervor, sondern vor allem die Befristung des Programms auf drei Jahre. „So kann nicht qualifiziert geforscht werden“, stellt Johanna Kootz von der ZE–Frauenforschung klar. Größere Frauenprojekte dauerten in der Regel zwei bis drei Jahre. Weil aber die Anschlußfinanzierung nach 1990 noch völlig unsicher sei, könnten daher nur im ersten Jahr Projekte bewilligt werden. Unklar sei auch, wie die Mittel verwaltet werden sollen. „Wer soll denn die eingehenden Anträge prüfen?“ Noch ist nicht klar, ob der Frauenbeauftragten die entsprechenden personellen Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden. „Eine Million als Einstiegssumme, um so ein Programm erstmal zu organisieren, das wäre gut gewesen.“ Und danach natürlich mehr Mittel, um wirklich effektiv und mit langfristiger Perspektive Frauenforschungsförderung betreiben zu können, meint Johanna Kootz. Schon werden erste Stimmen aus dem Arbeitskreis laut, daß frau sich unter diesen Bedingungen die Mitarbeit in der zu gründenden Förderungskommission genau überlegen müsse. Frau habe keine Lust, sich in diesem Gremium „totzuarbeiten“, damit der Berliner Senat sich werbeträchtig und wahlkampfwirksam mit der Förderung von Frauenforschung schmücken könne. Hinter den Kulissen wird zudem gemunkelt, daß der FDP die Frauenforschung so schnell zugeschlagen wurde, um der CDU den Weg freizumachen für ihr favorisiertes Projekt „Institut für Deutsche und Internationale Politik“. Jenem Institut will man von vornherein allerdings zwei Millionen Mark im Jahr und fünf Jahre Probezeit geben.
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