Hamburger Bischof wollte schlichten

■ Bischof Peter Krusche nahm gestern erfolglos „Sondierungsgespräche“ mit Senat auf / Prominente gründen Stiftung / Dohnanyis innerparteiliche Gegner haben Probleme mit der Nachfolgersuche

Aus Hamburg Petra Bornhöft

Überraschend schaltete sich gestern der Hamburger Bischof Peter Krusche in die Bemühungen um eine friedliche Lösung für die Hafenstraße ein. Auf eigene Initiative traf Krusche im Rathaus mit Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und Hamburgs Zweitem Bürgermeister Ingo von Münch (FDP) zu „Sondierungsgesprächen“ zusammen. Dabei sollten, so Krusches Referent zur taz: „Möglichkeiten erkundet werden, doch noch einen Weg zu finden, die Räumung der Häuser zu verhindern“. Im Anschluß an das Gespräch erklärte ein Senatssprecher, die Unterredung habe informellen Charakter gehabt. Krusche verließ das Rathaus ohne konkreten Vermittlungsauftrag. Heute wird sich der Senat erneut mit dem Thema beschäftigen. Gleichzeitig wies der SPD–Landesvorsitzende Ortwin Runde Spekulationen über einen bevorstehenden Sturz Dohnanyis durch die Betonfraktion zurück. Der rechte Parteiflügel hüllte sich gestern in Schweigen, weil nach Ansicht von Beobachtern Probleme bestehen, einen Nachfolger für den Bürgermeister zu finden. Krusches Initiative überraschte, weil der Bischof seit Tagen erklärt hatte, er werde als Vermittler wirken, wenn er von beiden Seiten dazu gebeten würde. Nur der „Initiativkreis zum Erhalt der Hafenstraße“ und die BewohnerInnen hatten dieses Angebot aufgegriffen. Ihren Wunsch unterstützeten am Sonntagabend etwa 100 mehr oder weniger Prominente aus Hamburg. Die in der Friedenskirche Versammelten baten den Kirchenmann auch, als Fürsprecher des „Stiftungsmodelles“ zu wirken. Rund 60 Prominente unterschrieben eine von Polit–Mäzen Jan Philipp Reemtsma eingebrachte Erklärung, die als Gründungsdokument der Stiftung anzusehen ist. Danach sind Senat und Parteien aufgefordert, die umkämpften Häuser in eine gemeinnützige Stiftung einzubringen. Während der Veranstaltung forderten mehrere SPD–Kreisvorsitzende von der Hafenstraße, die Barrikaden sofort abzubauen. Derartige, auch von einigen GALierinnen verkündeten „Rat schläge“ stießen bei vielen Prominenten auf Ablehnung. Uni–Prof Briegleb bedauerte den „Schulterschluß der SPD–Linken mit den Partei–Rechten“, die bekanntlich alle Angebote der Hafenstraße ablehnten und quasi verlangen, daß die BewohnerInnen in der Unterhose beim Senat vorsprechen. Unterdessen verstärkt sich der Druck auf den Hamburger Senat, die anvisierte gewaltsame Räumung nicht durchzuführen. Zahlreiche Appelle und/oder Solidaritätserklärungen aus verschiedenen gesellschaftlichen Spektren richten sich an Senat und BewohnerInnen. Schriftsteller Axel Eggebrecht beklagt den „Sieg der Sturheit“ im Senat, Robert Jungk fordert einen „Abrüstungsprozeß nach innen, bei dem die hochgerüsteten Sicherheitskräfte beispielhaft den ersten Schritt tun sollten“. An die Bundesvorsitzenden der FDP und SPD schrieben Eltern von BewohnerInnen der umkämpften Häuser: „Wir haben Angst. Eine gewaltsame Räumung der Häuser könnte das Leben unserer Kinder gefährden. Eine weitere geduldige Suche nach einer Vertragslösung halten wir für unabdingbar“. Der „Hafen“ übergab 2000 DM als Beitrag zur Reparatur der letzte Woche entstandenen Schäden. Im Viertel wurden die Sperren soweit geöffnet, daß Anwohner relativ ungehindert passieren können. Siehe auch Gastkommentar auf Seite 4