: I N T E R V I E W „Großverschmutzungsversuch“
■ Buschhaus–Kläger Jochen Brauer (Grüne MdB) hat Albrecht ein Ultimatum gestellt
taz: Du hast über Deinen Anwalt Reiner Geulen der niedersächsischen Landesregierung ein Ultimatum bis Freitag 11 Uhr gestellt. Was passiert dann? Jochen Brauer: Wenn Albrecht dann immer noch sagt, daß er die verbindlich vorgeschriebene Grenze von 35.000 Jahrestonnen Schwefeldioxid überschreiten will, werden wir sofort beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg eine einstweilige Anordnung erwirken. Wollt Ihr damit die Abschaltung von Buschhaus erzwingen? Buschhaus und das Nachbarkraftwerk Offleben müßten zu dem Zeitpunkt abgeschaltet werden, wenn die zulässige Höchstgrenze von jährlich 35.000 Tonnen erreicht ist. Das dürfte im März oder April nächsten Jahres der Fall sein. Das Umweltministerium in Hannover hat bereits klipp und klar gesagt, daß die 35.000 Tonnen Schwefeldioxid nicht einzuhalten sind. Man müsse mit 50.000 oder 60.000 Tonnen „leben“. Das „Leben“ würde dann genau in die Wintermonate fallen, wenn die Bevölkerung ganz besonders unter der Smog–Situation leidet. Der Weiterbetrieb von Buschhaus mit nicht funktionierender Entschwefelung wäre ein Großverschmutzungsversuch und als solcher unverantwortlich. Die Festsetzung der Höchstgrenze auf 35.000 Tonnen war die Grundlage des Bundestagsbeschlusses und der gerichtlichen Verfahren. Wenn diese Grundlage jetzt entzogen wird, rechnen wir uns große Chancen aus, auf verwaltungsgerichtlichem Wege Erfolg zu haben. Landesregierung und BKB schwingen die Arbeitslosen–Keule. Wenn Buschhaus abgeschaltet wird, sind die Arbeitsplätze im Salzkohle–Bergbau bedroht und die Grünen sind schuld. Da es zunächst nur um eine Abschaltung von einigen Monaten geht, also bis maximal Juni nächsten Jahres, könnten die Bergleute erstmal auf Halde produzieren. Schuld sind an dieser Misere nicht die Grünen, sondern ein Industrieunternehmen und eine Landesregierung, die gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgaben nicht einhalten wollen und damit Arbeitsplätze aufs Spiel setzen. Es gibt noch einen zweiten Grenzwert für Buschhaus. Die Abluft darf pro Kubikmeter nicht mehr als 400 Milligramm Schwefeldioxid enthalten. Wird der eingehalten? Nach meinen Informationen gibt es auch da Probleme. Die Anwohner des Kraftwerkes sagen, daß dicker gelber Rauch aus dem Schornstein quillt. Es wurde schon immer gemunkelt, daß die Entschwefelung nicht funktioniert. Das hat man von verschiedenen Ecken gehört. Und wir haben auch gehört, daß ständig große Tanklastzüge aus Berlin kommen, die Chemikalien anliefern. Diese Chemikalien müssen offenbar der Entschwefelungsanlage zugesetzt werden, um den Betrieb überhaupt noch aufrecht zu erhalten. Interview: -man–
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