Ghaddafi und der Puck

■ Die libysche Revolution in der Eishockey–Bundesliga

Berlin (taz) - Daß Sport gelegentlich etwas mit Politik zu tun hat, dürfte bekannt sein. Daß sich aber ein Eishockeyverein „einer längeren Zusammenarbeit zur Förderung der deutsch– libyschen Beziehungen“ verschreibt, ist durchaus neu. Der ECD Iserlohn, konkursgeplagter Bundesligist aus dem Sauerland, machts möglich. Fortan sollen die Iserlohner nicht nur als treffsichere Puckjäger und gewandte Schlittschuhläufer übers Eis hetzen, sondern gleichzeitig der libyschen Revolution als bundesrepublikanische Speerspitzen dienen. Noch am Mittwoch hatte der Konkursverwalter den Spielern geraten, sich nach einem neuen Verein umzusehen, da damit zu rechnen sei, daß „der ECD Iserlohn umgehend den Spielbetrieb einstellt“. Präsident Weifenbach aber gab nicht auf. Über den früheren CDU–Bürgermeister Hans Meyer trat er an das „Weltcenter zum Studium des grünen Buches“ heran und wurde fündig. 1,5 Millionen will Libyen zahlen, wenn der Verein für das „Grüne Buch“ des Obersten Ghaddafi wirbt, in dem der libysche Revolutionär seine Lehren zusammengefaßt hat. Muammar Ghaddafi, Erzfeind des Westens und Nachtgespenst Reagans, in der Eishockey–Bundesliga, diese Vorstellung erfüllt Politiker und Sportfunktionäre mit unheiligem Grausen. Eine ausverkaufte Halle, angefüllt mit ehemals braven und staatstreuen Sauerländern, die nun allesamt das „Grüne Buch“ dem Hallendach entgegenstrecken und Sprechchöre anstimmen wie „Ha– ho–he, Ghaddafi ist okay“ - das geht zu weit. Die Symbiose von libyscher Wüste und Iserlohner Eisfläche stößt auf heftigen Widerstand: „Diese Art der Politisierung des Sports muß verhindert werden“, ließ Innenminister Zimmermann auf der Bundespressekonferenz wissen und sprach von einem „schlechtem Witz“. Humor war bekanntlich noch nie seine Stärke. Matti Lieske