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Kein Recht auf Faulheit

■ Beratungen über EG–Haushalt abgebrochen /Etatloch von 20 Milliarden Mark / EG–Kommission will Ministerrat wegen „Untätigkeit“ verklagen

Brüssel (ap/dpa) - Nach den Regierungschefs am vergangenen Wochenende haben angesichts der Probleme bei der Erstellung eines ordentlichen Haushalts für die Europäische Gemeinschaft nun auch die zuständigen Ressortminister erst einmal das Handtuch geschmissen. Nach nur zweistündigen Beratungen haben sie sich am Mittwoch in Brüssel „einstimmig darauf geeinigt“, daß sie keinen Budgetentwurf für 1988 aufstellen können. „Wir haben damit klar gegen die EG–Verträge verstoßen“, sagte der dänische Finanzstaatssekretär und Vorsitzende des Ministerrates, Knud– Erik Tygesen. „Wenn die Regierungschefs in Kopenhagen ein Ergebnis erzielt hätten, hätten wir heute allerdings einen Entwurf verabschiedet“. Die EG–Kommission und das Europaparlament haben daraufhin beschlossen, den Ministerrat und damit die zwölf EG–Regierungen wegen „Untätigkeit“ vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen. Der dänische EG–Budgetkommissar Hinning Christophersen sagte, die EG werde vom 1. Januar an mit einem Notsystem leben müssen. Nach den EG–Verträgen darf die Kommission als Exekutivbehörde vom 1. Januar an monatlich nur jeweils ein Zwölftel der im alten Haushaltsplan 1987 ausgewiesenen Mittel freigeben. Dies bedeute, daß der EG im kommenden Jahr zehn Milliarden ECU (20,7 Mrd. DM) zur Deckung der tatsächlich notwendigen Ausgaben in Höhe von 44 Milliarden ECU (91 Mrd. DM) fehlen würden. Sie werde daher spätestens im Juli oder August „in wirkliche Schwierigkeiten kommen“, falls nicht noch ein Haushalt beschlossen wird. Dies ist nach Angaben von Haushaltsexperten wegen des langwierigen Verfahrens frühestens im April möglich - vorausgesetzt, daß die Regierungschefs im Februar in Brüssel die Finanzreform der EG verabschieden. Einige Ausgaben, so Christophersen weiter, könnten jedoch schon vorher nicht geleistet werden. Er habe bereits im Ministerrat für „zehn bis zwölf“ Haushaltslinien zusätzliche Zwölftel beantragt, damit zur Jahreswende Mieten, Heizungsrechnungen, Versicherungspolicen oder Pensionen bezahlt werden können. Eine Reihe von Forschungsprogrammen könnten gar nicht erst anlaufen, weil sie im 1987er Haushalt noch nicht eingeplant gewesen seien. Die Mitgliedsländer würden die Notfinanzierung auch „direkt zu spüren bekommen“. Normalerweise werden den Regierungen zehn Prozent ihrer Abgaben aus Zöllen und Agrarabschöpfungen zurückerstattet. „Dafür haben wir jetzt etwa 750 Millionen ECU zur Verfügung, nötig sind aber 1,6 Milliarden“, sagte Christophersen. Etwa ab März gebe es also kein Geld mehr zurück. Im Juli oder August werde das Geld für die Stützung der Agrarpreise ausgehen. Auch den EG–Sozialfonds drohe Mitte des Jahres die Pleite. Konflikte zum EG–Budget gibt es bereits seit 1980. Sie bezogen sich jedoch stets auf Gegensätze zwischen Ministerrat und Parlament. So mußte die EG 1980 bis Juni von „Zwölfteln“ leben, weil das Parlament einen Ratsentwurf in letzter Lesung abgelehnt hatte. Nun ist der Ministerrat erstmals in der 30jährigen EG–Geschichte seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, rechtzeitig einen Haushalt vorzulegen. Die Verhandlungen waren schon im Oktober gescheitert, weil vor allem Großbritannien dem Kopenhagener Gipfeltreffen nicht vorgreifen wollte, von dem Beschlüsse über die Finanzreform und die nötige Erhöhung der Eigeneinahmen erwartet wurden. Die Regierungschefs haben eine mögliche Entscheidung über die Gemeinschaftsreform auf ihre Februarsitzung in Brüssel vertagt.

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