„Contra“–Offensive zu Friedensgesprächen

■ Kampfhandlungen im Nordosten Nicaraguas / Rebellen wollen ihre Stärke demonstrieren / Angeblich 7.000 Contras im Einsatz / Zweite Geprächsrunde zwischen den Vertretern der Sandinisten und des „nicaraguanischen Widerstands“ wird davon nicht beeinflußt

Managua/Washington (ap/afp/ taz) - Pünktlich zur zweiten Gesprächsrunde über einen Waffenstillstand im nicaraguanischen Bürgerkrieg, die am Montag in der Hauptstadt der Dominikanischen Republik Santo Domingo begannen, haben die antisandinistischen „Contras“ jetzt auch ihre groß angekündigte Offensive gegen die Regierungstruppen gestartet. Das Verteidigungsministerium in Managua hatte bereits am Sonntagabend bestätigt, daß es in der nördlichen Region Zelaya zu Kampfhandlungen gekommen war. Die Angriffe der „Contras“ richten sich gegen die etwa 200 Kilometer von der Hauptstadt Managua entfernten Goldminenorte Rosita, Siuna und Bonanza. Es gehe darum, so ein Sprecher der „Contras“, die von den Sandinisten zur Goldgewinnung benötigte Infrastruktur zu zerstören. In dem Gebiet ist die Goldgewinnung allerdings schon seit längerem stark heruntergefahren worden. Nach Angaben des „Contra“–Dachverbandes „Nicaraguanischer Widerstand“ nehmen 7.000 Aufständische an der Aktion teil. Die Operation „Commandante Olivero“ sei die größte Offensive seit Beginn des Krieges in Nicaragua vor sechs Jahren, teilte die Organisation in Washington mit. Beobachter bezweifeln allerdings stark, daß die Aufständischen dazu in der Lage sein sollen, so viele Kämpfer in der Nordprovinz zusammenziehen. Die Rebellen wollen in den ersten Stunden der Kämpfe gleich 100 Regierungssoldaten getötet oder verwundet haben sowie zwei Munitionslager zerstört, zwei Brücken gesprengt und zahlreiche Gewehre erbeutet haben, wenn einem „Contra“–Sprecher in Miami zu glauben ist. Ziel der Offensive ist nach Angaben der Rebellen, mindestens zwei der drei Orte zu erobern und 24 Stunden lang zu halten. Damit wollen sie ihre Fähigkeit unter Beweis stellen, auch tief im Landesinneren zuzuschlagen und die sandinistische Armee damit zu Truppenbewegungen zwingen zu können. Trotz dieser Offensive haben beide Bürgerkriegsparteien die Absicht bekundet, die zweite Runde der Friedenskontakte nicht abzusagen. Ein in Santo Domingo weilender führender Vertreter der sandinistischen Regierung sagte am Sonntag, die für Montag geplante Wiederaufnahme der Bemühungen werde wahrscheinlich nicht berührt werden, weil für die gegenwärtige Zeit keine Waffenstillstandsvereinbarung existiere. Bosco Matamoros, ein Sprecher der Organisation „Nicaraguanischer Widerstand“ äußerte sich ähnlich über eine mögliche Gefährdung der Gespräche: „Im Gegenteil“, so Matamoros, „sie (die Offensive) zeigt den Sandinisten, welche Macht wir haben, und daß wir sie gerade deswegen an den Verhandlungstisch gebracht haben.“ An diesem Verhandlungstisch wird auch der SPD–Politiker Hans–Jürgen Wischnewski sitzen, der, zusammen mit zwei amerikanischen „Assessoren“, von der nicaraguanischen Regierung gebeten worden war, als sogenannte „technische Kommission“ im Namen der Sandinistas an der Verhandlungsrunde teilzunehmen. Unter Leitung des Erzbischofs von Managua, Kardinal Obando y Bravo, werden sich damit erstmals Vertreter beider Seiten direkt gegenübersitzen, um die technischen Aspekte eines Waffenstillstands zu studieren. ropa