Strauß begräbt Kaltes Kriegsbeil

■ Bayerns Ministerpräsident und prominentester deutscher Hardliner ist nach seinem gut inszenierten Moskau–Besuch zur Jahreswende ein anderer: Er will Geschäfte statt Krieg / Mittelstreckenabkommen sei „Büchsenöffner“ für mögliche weitere Abrüstungsschritte

Berlin (dpa/ap/taz) - Während Franz Josef Strauß, völlig durchdrungen von seiner historischen Mission, den „Anbruch eines neuen Zeitalters“ für möglich hält, würdigte die sowjetische Parteizeitung Prawda den dreitägigen Moskau–Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten am Donnerstag eher beiläufig und unauffällig. In einer kurzen Meldung sprach sie von „nützlichen Gesprächen“. Strauß habe sich für öffentliche Zurückhaltung im Fall des in der Sowjetunion inhaftierten 19jährigen Sportfliegers Matthias Rust ausgesprochen. Sportflieger Strauß dagegen stellte sich nach seiner Rückkehr in München als Weltpolitiker dar und rief ganz im Gegensatz zu früheren Erklärungen dazu auf, den Abrüstungswillen der Sowjetunion ernst zu nehmen. Strauß nun: Zwischen seinen und den Auffassungen des sowjetischen Parteichefs Gorbatschow gebe es weitgehend Übereinstimmung. Unmittelbar nach seiner Landung auf dem Flughafen München Riem erklärte Deutschlands prominentester Kalter Krieger auf einer Pressekonferenz, das zuvor von ihm heftig kritisierte Abkommen der Supermächte über den Abbau der Mittelstreckenraketen könne als „Büchsenöffner“ für weitere Abrüstungsverträge durchaus akzeptiert und begrüßt werden. Gorbatschow sei keineswegs an einer militärischen Kraftprobe mit dem Westen interessiert. Er, Strauß, habe mit seinem Ausspruch, Krieg sei kein Mittel der Politik, „stürmische Zustimmung“ in Moskau gefunden. Ziel der sowjetischen Abrüstungsbemühungen ist es, so Strauß, ein Rüstungsniveau zu erreichen, das nur noch rein defensiven Charakter habe. Der sowjetische Parteichef habe ebenso wie er die Forderung aufgestellt, daß der „Schwung des ersten Abrüstungsabkommens ausgenutzt werden muß und ohne Pause weitere Abkommen folgen müssen“. In einem Punkt sah sich Strauß sogar näher an Gorbatschow als Fortsetzung auf Seite 2 Kommentar auf Seite 4