: Proteste an der Westbank lassen Israel nicht in Ruhe
■ Vereinzelt Demonstrationen an der Westbank / Shamir und Peres bedauern Tod einer Palästinenserin / Arafat stellt Bildung einer Exilregierung in Aussicht
Jerusalem/Kuwait (afp/wps) – Nach dem Deportationsbeschluß der israelischen Behörden gegen neun Palästinenser und dem Tod einer Palästinenserin am Wo chenende ist es am Montag in den besetzten Gebieten zu neuen Protestaktionen gekommen. In mehreren Ortschaften auf der Westbank hätten Demonstranten israelische Soldaten mit Steinen beworfen und Autoreifen angezündet, teilte ein Militärsprecher mit. Die Soldaten hätten im Gegenzug Tränengas eingesetzt. Demonstrationen habe es auch im Flüchtlingslager Jabalaia im Gaza-Streifen gegeben.
Der israelische Ministerpräsident Jitzhak Shamir brachte am Montag im Rundfunk des Landes sein Bedauern über den Tod der Palästinenserin zum Ausdruck, die am Sonntag in der Westbank von Soldaten erschossen worden war. In einem im Radio zitierten Untersuchungsbericht hieß es, die Frau sei entgegen geltender Militärvorschrift getötet worden, obwohl das Leben des Soldaten nicht bedroht war. Er und sein Vorgesetzter wurden vom Dienst suspendiert. Auch Außenminister Peres bedauerte den Vorfall in einem Interview mit der US- Fernsehgesellschaft ABC und wies zugleich daraufhin, die „äußerst komplizierte“ Lage der Palästinenser könne nur in Verhandlungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn gelöst werden.
Gleichzeitig verteidigte er die Entscheidung, neun Palästinenser zu deportieren. Israel greife lediglich auf „jordanische Gesetze“ zurück, die in der Westbank und im Gaza-Streifen Anwendung fänden.
Vor dem Hintergrund der seit Wochen anhaltenden Proteste in den besetzten Gebieten hat PLO- Chef Yasser Arafat die Bildung einer palästinensischen Exilregierung in Aussicht gestellt. In einem Interview mit der Zeitung Washington Post erklärte Arafat, die Gründung einer Exilregierung als Exekutive des Palästinensischen Nationalrats (Exilparlament) werde „zweifellos begleitet von der Schaffung einer neuen politischen Basis“ zur Überwindung der hartnäckigen Weigerung Israels und der USA, direkt mit der PLO zu verhandeln.
Arafat schloß indirekt auch eine Anerkennung Israels in den Grenzen von 1967 nicht aus: „Wenn die Gründung eines neuen, kleinen Staates die Israelis beunruhigt, akzeptiere ich im Namen meines Volkes die Anwesenheit von UN- Truppen“ auf der palästinensischen Seite der Grenze „für jeden Zeitraum“, den Israel wünsche, meinte der PLO-Chef. Die Bildung einer Exilregierung ist seit über 15 Jahren immer wieder in der palästinensischen Bewegung diskutiert worden. Der Gedanke war jedoch stets umstritten, auch in Arafats eigener Organisation Al Fatah. Radikalere Gruppen argumentieren, die PLO müßte zunächst über ein Stück befreites Land verfügen, oder zumindest einen „Staat im Staate“ bilden wie im Südlibanon vor 1982, ehe an einen solchen Schritt zu denken sei.
Die Kritiker weisen auch daraufhin, daß es keinen Grund gäbe, von Israel und den USA nach der Bildung einer Exilregierung eine Änderung ihrer Haltung gegenüber der PLO zu erwarten. Damit sei diese Möglichkeit politisch verschenkt.
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