Staatsanwalt auf Anklagebank

■ Führerschein gab er gegen Bares zurück / Angeblich 50.000 Mark in eigene Tasche gewirtschaftet

Aus Mannheim Felix Kurz

„Was ist Ihnen denn Ihr Führerschein wert?“ Diese Frage stellte der Mannheimer Staatsanwalt Manfred Kreiser des öfteren, wenn er einen ertappten Verkehrssünder, dem der Führerschein abgenommen worden war, zu sich ins Dienstzimmer bestellte. Bis zu 6.000 DM, im Schnitt rund 2.000 DM kassierte der verständnisvolle Staatsanwalt von den Beschuldigten zugunsten einer „gemeinnützigen Organisation“. Das von ihm bearbeitete Ermittlungsverfahren stellte er dann ein und den Führerschein gab es bei Barzahlung zurück. Von den „Spenden“ sahen die gegenüber den Beschuldigten genannten gemeinnützigen Organisationen nichts. Mal nannte der Justizbeamte als Spendenempfänger den „Bund gegen Alkohol im Straßenverkehr“ oder den „Arbeitskreis Strafvollzug“, mal war es ein Jugenddorf oder „eine gemeinnützige Einrichtung des Hauses“. Allein die Knete wanderte samt und sonders in die Taschen des 40jährigen Verkehrsstaatsanwalts. Bar und ohne Quittung wegen der „Anonymität“ sackte der hochverschuldete Beamte das Geld ein. 29 Fälle hat die Mannheimer Staatsanwaltschaft gegen ihren Ex–Kollegen zusammengetragen. Rund 50.000 DM soll er dabei verdient haben. Gestern begann die Hauptverhandlung gegen Manfred Kreiser vor der 6.Großen Strafkammer des Landgerichts Mannheim. Oberstaatsanwalt Holger Preisendanz fuhr in der Anklageschrift schweres Kaliber auf: Betrug, Bestechlichkeit, Rechtsbeugung, Strafvereitelung im Amt und Erpressung. Denn, wenn ein Beschuldigter die geforderte Spende nicht zahlen wollte, so die Anklageschrift, dann soll der Staatsanwalt auch schon mal gedroht haben, dem Betreffenden „eine reinzudrücken“. In einer persönlichen Erklärung räumte der seit sieben Monaten in Untersuchungshaft einsitzende Angeklagte ein, daß die ihm vorgeworfenen Taten im allgemeinen zutreffen würden. So sei es zutreffend, daß er die Gelder nicht an die bedachten Einrichtungen weitergeleitet habe. „Ich werde zu dem stehen, was ich getan habe“, meinte Manfred Kreiser. Er wolle „nichts beschönigen“ und sich auch „nicht der Verantwortung durch juristische Tricks und Winkelzüge entziehen“. Allerdings warf er der Mannheimer Staatsanwalt vor, entgegen ihren sonstigen Gepflogenheiten, habe sie persönliche Dinge von ihm und seiner Familie der Öffentlichkeit mitgeteilt. 58 Zeugen sind geladen. Das Verfahren ist auf mehrere Wochen terminiert.