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Verraten und verkauft

■ Opposition in Haiti hat schlechte Karten

Zuerst verfolgte Washington mit einigem Stirnrunzeln, wie Jugendliche und Analphabeten von einer Wahlurne zur nächsten getrieben wurden, um über die Wahlverweigerung der Haitianer hinwegzutäuschen. Man konstatierte „gewisse Unregelmäßigkeiten“ und ließ es dabei bewenden. Leslie Manigat, der Wunschkandidat der Militärs, der schon vorher als Sieger feststand, ist jetzt auch offiziell designierter Präsident.

Ronald Reagan, der einst die Wahlen in Nicaragua schon verurteilte, bevor er einen Bericht vorliegen hatte, findet kein Wort des Tadels für das Militärregime unter General Namphy. Mit diesem Schweigen bereitet er den Weg zur Anerkennung der Marionettenregierung. Die lateinamerikanischen Christdemokraten sind bereits vorgeprescht und haben wissen lassen, daß ja der Wählerwille respektiert worden sei. In ein paar Wochen ist Gras über die Sache gewachsen, und keiner fragt mehr, wie Herr Manigat an die Regierung gekommen ist.

Für Washington ist entscheidend, daß der neue Präsident nicht gegen, sondern mit den Militärs regiert und damit für ein Minimum an Stabilität sorgt. Die USA sind den haitianischen Militärs verpflichtet, die ihre Landepisten für Waffentransporte an die Contra zur Verfügung gestellt und damit ihren Beitrag zur Eindämmung des Weltkommunismus geleistet haben.

Die Politiker, die konsequent genug waren, nach dem Massaker bei den Novemberwahlen ihre Kandidatur zurückzuziehen und zum Wahlboykott aufzurufen, haben schlechte Karten. Zwar haben ihnen dieWähler durch hohe Stimmenthaltung recht gegeben, aber sonst lohnt ihnen niemand ihre entschlossene Haltung. Zumindest im Ausland können sie nicht auf Unterstützung zählen, wenn sie das Machtmonopol der Armee in Frage stellen wollen. Ralf Leonhard

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