KOMMENTAR: Koalitionstaktik
■ Zimmermanns Unsicherheitspaket
Angeblich selbst für seine Parteifreunde überraschend, legte Bundesinnenminister Zimmermann vergangene Woche drei Referentenentwürfe zu Gesetzesvorhaben im Bereich innere Sicherheit vor. Beabsichtigt ist die Novellierung des Datenschutz- und Verfassungsschutzgesetzes plus ein sogenanntes Verfassungsschutzmitteilungsgesetz – allesamt verschärfte Ladenhüter aus der letzten Legislaturperiode, die, ausgehend vom „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts, den Datenschutz im Polizei- und Geheimdienstbereich regeln sollen. Inhaltlich – darin stimmen selbst konservative Datenschützer und CDU-Leute überein – sind die Entwürfe eine schlichte Provokation. Was da für Datenschutz verkauft wird, ist nichts anderes als der Versuch, die exzessive Sammelwut von Geheimen und Polizei gesetzlich zu sanktionieren.
Spannender als eine Detailkritik dieser Entwürfe ist deshalb die Frage, welche Intention Zimmermann mit der Vorlage eigentlich verbindet. Denkbar sind zwei Varianten: Die jetzt verteilten Horrorentwürfe dienen zur Ablenkung der Öffentlichkeit, um hinter den Kulissen in Ruhe die Version zu erarbeiten, die innerhalb der Koalition realitisch durchsetzbar ist, und die dann der erleichterten Öffentlichkeit als Kompromiß verkauft werden kann. Oder aber das gesamte Paket verschwindet nach monatelangen aufgeregten Diskussionen wieder ganz in der Versenkung, und die Geheimdienste machen weiterhin, was sie wollen – nur eben ohne Gesetz. Gewinner wären in beiden Fällen die Dunkelmänner der Macht, die sich seit ihrer Existenz einer wirksamen Kontrolle entzogen haben. Jürgen Gottschlich
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