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Deutscher Libanese in Westbeirut entführt

■ Gestern ist ein Bürger Beiruts mit deutschem Paß entführt worden / Über Zusammenhang mit Hamadi-Prozeß in Düsseldorf wird spekuliert

Beirut/Bonn (dpa/ap/taz) – Ein Ingenieur, der offenbar die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, ist am Mittwoch in West-Beirut entführt worden. Die Polizei in der libanesischen Hauptstadt bestätigte die Geiselnahme. Freunde der Geisel gaben den Namen des Entführten mit Ralph Schrei an. Dies wurde nach Angaben der amerikanischen Nachrichtenagentur upi auch von einem Angestellten der Firma „Isaco Civil Engineering“, wo der Entführte arbeitete, bestätigt. Schrei hatte an der Beiruter Universität auch Statistik unterrichtet, nach Streitigkeiten mit schiitischen Extremisten der Hisbollah (Partei Gottes) diese Tätigkeit jedoch aufgegeben, teilten Kollegen des Entführten mit.

Der christliche Beiruter Rundfunksender „Stimme Libanons“ meldete zum Tathergang, als Polizisten verkleidete Unbekannte hätten den Deutschen nahe dem Hotel „Bristol“ entführt. Augenzeugen erklärten dagegen, die Entführer hätten Zivil getragen.

Nach Angaben des Zeugen Chalil Dib ereignete sich die Entführung wie folgt: Fünf Bewaffnete stürzten aus einem Mercedes und einem Renault auf den blonden Mann zu und stießen ihn in den Mercedes. Sie zwangen ihn, den Kopf unten zu halten. Einer der Männer rannte mit einer Maschinenpistole vor den beiden Autos her und zwang andere Autos, den Weg freizumachen.

Ein anderer Zeuge sagte, die Autos seien in Richtung des Armenviertels Sokak Blatt gefahren, das eine Hochburg der pro-iranischen Schiitenorganisation Hisbolla ist. Nahe dem Hochhaus Murr Tower habe der Entführte aus dem Auto springen können, doch sei ihm einer der Bewaffneten nachgerannt und hätte ihn gezwungen, wieder in das Auto zu steigen. Den Angaben zufolge waren die Autos langsam gefahren, weil im Murr Tower syrische Soldaten sind.

Das Auswärtige Amt in Bonn hatte bis zum Mittag aus Beirut noch keine Bestätigung des jüngsten Entführungsfalles. Über einen Zusammenhang mit dem Fall Hamadi könne nur spekuliert werden, hieß es. Im Düsseldorfer Oberlandesgericht dagegen schlug die Nachricht von der neuen Entführung in Beirut wie eine Bombe ein. Das Gericht, das am gstrigen achten Verhandlungstag den Bruder des Angeklagten Abbas Hamadi, Mohamad Ali Hamadi geladen hatte, unterbrach nach Bekanntwerden der Entführung die Verhandlung und zog sich zu einer Beratung zurück.

Schrei ist der dritte Bundesbürger, der innerhalb eines Jahres in West-Beirut entführt wurde. Am 17. und 23.Januar1987 waren der Siemens-Techniker Alfred Schmidt und der Hoechst Manager Rudolf Cordes entführt worden, nachdem auf dem Frankfurter Flughafen der schiitische Flugzeugentführer Mohammed Ali Hamadi festgenommen worden war. Schmidt wurde am 7. September 1987 freigelassen, während Cordes nach wie vor in Geiselhaft ist.

Nach Informationen der libanesischen Botschaft in Bonn hat in den Jahren 1986 und 1987 kein Deutscher mit dem Namen Ralph Schrei oder ähnlicher Schreibweise ein Visum für Libanon beantragt. Das könnte darauf hindeuten, daß der Entführte eine längerfristig gültige Aufenthaltserlaubnis für dieses Land besitzt, sagte ein Diplomat. Nach Angaben von Verwandten Schreis, der mit der Libanesin Rana Munla verheiratet ist, hat er eine palästinensische Mutter und einen deutschen Vater. Obwohl in Beirut geboren, habe er eine deutsche Staatsbürgerschaft, arbeite aber seit Jahren im Libanon. Nach der taz vorliegenden Informationen aus Beirut gehört Schrei nicht zur deutschen Kolonie und ist unter den dort lebenden Deutschen auch nicht näher bekannt. Deutsche Staatsangehörige fühlen sich zur Zeit in Beirut wieder stark gefährdet. Ein Bekennerschreiben der Entführer Schreis lag bei Redaktionsschluß nicht vor.

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