„Es gibt eine Grenze“

Israelische Reservesoldaten verweigern den Dienst  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Mehr als 250 Reservisten der israelischen Armee verweigern den Dienst in den besetzten Gebieten. Sie unterschrieben eine Deklaration der Kriegsdienstverweigerer-Gruppe „Yesh Gvul“ (“Es gibt eine Grenze“), in der sie sich „weigern, an dem repressiven militärischen Vorgehen in den besetzten Gebieten teilzunehmen“. Denn „wir Reservesoldaten können nicht länger die Verantwortung für den politisch-moralischen Verfall israelischer Politik tragen, der zu den brutalen Unterdrückungsaktionen in der Westbank und in Gaza“ führt.

Am Sonntag veranstaltete „Yesh Gvul“, die schon während des Libanon-Kriegs erfolgreich zur Kriegsdienstverweigerung aufgerufen hatte, eine Konferenz, um über ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Inzwischen sitzen zwei Soldaten, Ofer Kassim und Charles Lanzner, Gefängnisstrafen wegen ihrer Einsatz-Verweigerung in den besetzten Gebieten ab.

Kriegsdienstverweigerung als Mittel des Protests gegen die Besatzungspolitik ist auch bei der israelischen Linken heftig umstritten. Der ehemalige Generalsekretär des Histadrut-Gewerkschaftsbundes, Jizhak Ben- Aharon, kritisierte die der Arbeiterpartei und der „Mapam“ nahestehende Kibuzz-Bewegung wegen deren Weigerung, ihren Mitgliedern die Dienstverweigerung in den besetzten Gebieten zu erlauben. Mapam empfiehlt ihren Mitgliedern statt dessen, andere Soldaten zu einem menschlicheren Verhalten gegenüber den Arabern zu bewegen. „Yesh Gvul“ hält davon nichts: Professor Jehuda Melzer von der Universität Tel Aviv meinte dazu, einzelne Versuche, brutale Ausschreitungen von Soldaten zu verhindern, hätten sich während des Einsatzes, in dem die Soldaten auf Befehl handelten, als völlig unfruchtbar herausgestellt. Der einzig mögliche Weg sei, entweder den Dienst in den besetzten Gebieten ganz zu verweigern oder illegale Befehle nicht auszuführen. Matti Peled, einer der Führer von der „Progressiven Friedensliste“ und selbst Reservegeneral warnte, die „Befehle, Zivilisten zu schlagen und deren Knochen zu brechen“, seien nicht nur absolut unmoralisch, sondern auch gesetzlich verboten. Soldaten dürften nicht nur, sie müßten solche illegalen Befehle verweigern.

Die israelische Rechtsanwältin Felicia Langer vertritt etwa zwei Dutzend Palästinenser, die von Soldaten geschlagen worden sind. Das Problem, so Frau Langer, sei jedoch, daß die Verletzten in der Regel nicht den einzelnen Soldaten identifizieren könnten, der an solchen Attacken in Wohnhäusern oder Lagern beteiligt gewesen ist. Ihre Hauptkritik richtet sich gegen den Verteidigungsminister Rabin und den Militär-Oberbefehlshaber von Gaza, die den israelischen Truppen illegale Befehle erteilten.