: Handschlag
■ Kohls Chemiewaffen-Abmachung
Im Mai 1986 verkündete Kanzler Kohl einen seiner größten außenpolitischen Erfolge. Aufgrund seiner ausgezeichneten Beziehungen zum Großen Bruder sei es ihm gelungen, Mr. President zu der Zusicherung zu bewegen, die alten US- Chemiewaffen aus der BRD abzuziehen und keine neuen zu stationieren. Dafür stimmt die Bundesregierung der Modernisierung und Produktion neuer binärer Chemiewaffen zu – eine Bedingung des Kongresses.
Obwohl Zweifel an diesem Handel von Beginn an laut wurden, blieb die Opposition den Beweis des Gegenteils schuldig. Erst jetzt zeichnet sich deutlicher ab, auf welch sandigem Grund der Generalist im Kanzleramt tatsächlich baut. Äußerungen aus den USA lassen keinen Zweifel mehr daran, daß keinerlei verbindliche schriftliche Abmachung existiert. Ein Handschlag unter Männerfreunden am Rande des Tokioter Weltwirtschaftsgipfels – und das wars dann auch schon.
Spätestens der kommende US-Präsident wird es zu schätzen wissen, daß er in keinerlei Weise festgelegt ist. Daraus ergeben sich zwei mögliche Feststellungen: Entweder ist Kohl außenpolitisch noch dümmer, als gemeinhin angenommen wird, oder aber die Bundesregierung inszeniert seit knapp zwei Jahren eine dreiste Täuschung der Öffentlichkeit. Im Ergebnis bleibt es sich gleich: Die BRD bleibt Chemiewaffenland. Jürgen Gottschlich
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen