: Atomraketen werden schon modernisiert
Kurzstreckenwaffen werden entgegen bisherigen Versicherungen bereits seit 1986 umgerüstet ■ Aus Genf Andreas Zumach
Die „Nachrüstung“ atomarer Waffen mit einer Reichweite unter 500 Kilometer ist bereits seit 1986 im Gange. Dem war bislang immer widersprochen worden. Wie NATO-Militärs gegenüber der taz bestätigten, werden Teile atomarer Artillerie, Granaten des Kalibers 203 Millimeter, durch zielgenauere und weitreichendere Versionen ersetzt. „Einiges der Modernisierung der Atomartillerie läuft bereits seit 1986“, hatte auch der neue Pentagon-Chef Frank Carlucci in einem Interview mit der „Today-Show“ der amerikanischen Fernsehstation NBC diese Woche erklärt. Dagegen hatte der Spiegel am Montag unter Berufung auf NATO-Militärs noch gemeldet, die Stationierung neuer Atomgranaten beginne erst im Laufe dieses Jahres und werde im Sommer angekündigt. Zwischen bundesdeutschen und amerikanischen Politikern ist die Durchführung der 1983 von der NATO im kanadischen Montebello beschlossenen „Modernisierung“ heftig umstritten. Dies wurde zuletzt auf der Internationalen Wehrkundetagung am Wochenende in München deutlich.
Carlucci betonte dort, daß die USA auf der Durchführung aller in Montebello beschlossenen Maßnahmen bestehen. Dazu zählte er neben der „Modernisierung der atomaren Artillerie“ vor allem die Stationierung einer weiterreichenden Lance Boden-Boden-Rakete und die „Entwicklung einer taktischen Luft-Boden-Rakete“. Außerdem seien „Flugzeuge mit konventioneller und nuklearer Kapazität“ und „Atombomben“ von der Modernisierung betroffen.
Die Bundesregierung hatte bislang öffentlich immer nur Teil 1 des Doppelbeschlusses von Montebello betont, in dem der Abzug von 1.400 veralteten Atomsprengköpfen vereinbart worden war. Zu Zeiten der Auseinandersetzung um die Stationierung von Pershing II und Cruise Missiles hatte vor allem Minister Wörner immer wieder die Rechnung aufgemacht: minus 1.400 plus 572 neue Mittelstreckenraketen bedeute Abrüstung. Mit ähnlichen Argumentationen ist auch künftig wieder zu rechnen, da zum Beispiel im Zuge der Stationierung treffgenauerer und weiterreichender Atomgranaten die Zahl dieser Waffensysteme auf 2.000, also ein Drittel des bisherigen Bestandes reduziert werden soll. Die weitere Umsetzung des Montebello-Beschlusses ist Thema für das Gipfeltreffen der NATO- Staatschefs am 2./3.März in Brüssel sowie die Tagung der Nuklearen Planungsgruppe der Allianz im April in Dänemark.
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