Italiens PSDI–Chef tritt ab

■ Italiens Sozialdemokraten brauchen neuen Chef / Der bisherige ist über die Hochsicherheitsgefängnisse gestolpert / Vielleicht stolpern auch noch andere

Aus Rom Werner Raith

Italiens Sozialdemokraten (PSDI) sind seit Dienstag auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden: Franco Nicolazzi, der seit 1985 versucht hat, die durch den Skandal um die kriminelle Loge „Propaganda 2“ erheblich geschwächte Partei wieder in Schwung zu bringen, wurde nun von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt. Und die sieht offenbar nicht viel sauberer aus als die seines Vorgängers: die Staatsanwaltschaft Genua ermittelt gegen den Ober–Sozi wegen Verdachts der Bestechlichkeit, Vorteilsnahme und Korruption während seiner Zeit als Minister für öffentliche Arbeiten 1981. Es war die Epoche der Hatz auf die Roten Brigaden, und dafür brauchte es immer mehr und immer größere Hochsicherheitsgefängnisse und -trakte, umgerechnet Hunderte von Millionen Mark wurden dafür ausgeworfen. Nun erweist sich, daß die mit dem Bau der Knäste beauftragten Firmen nicht nur durch überzogene Rechnungen kräftig dabei abgesahnt haben, sondern einen Teil des Überschusses an diejenigen auszahlten, die ihnen die Aufträge zugeschanzt hatten - darunter Minister, Staatssekretäre, deren jeweils engste Mitarbeiter und hohe Beamte. „Goldene Zuchthäuser“ heißen die Neubauten seither im Volksmund. Nicolazzi, der seine Schuld energisch bestreitet, findet dabei wahrscheinlich wenig Trost in der Tatsache, da es nicht nur ihn erwischt hat: ermittelt wird ebenso gegen seinen damaligen Ministerkollegen im Justizressort, den Christdemokraten Clelio Darida, sowie gegen Rocco Trane, den engsten Vertrauten des damaligen Transportministers Claudio Signorile von der Sozialistischen Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Bettino Craxi. Daß Nicolazzi nun seinen Rücktritt erklärt hat, hängt freilich nicht nur mit dem Skandal zusammen - im Aussitzen gerichtlicher Verfahren sind italienische Politiker fast genauso gut wie bundesdeutsche -, sondern vor allem mit dem kontinuierlichen Abstieg der Sozialdemokraten in der Wählergunst. Von früher guten fünf Prozent sind sie mittlerweile auf gerade noch zwei Prozent abgerutscht. Ein Ende der Schlittenfahrt ist nicht in Sicht, zumal sich die Hoffnungen Nicolazzis, zusammen mit den Sozialisten und den Radikalen einen linksbürgerlichen Block zu bilden, zerschlagen haben - der PSDI ist einfach für niemanden mehr attraktiv. So wird denn auch der Nachfolger Nicolazzis eher aus dem Feld der ganz, ganz grauen Mäuse kommen, als daß sich ein profilierter Politiker dazu bereitfinden wird.