Noriega nennt Bedingungen für Rücktritt

■ Panamas Armeechef will seinen Posten räumen, wenn ein „nationaler Dialog“ zu einer „nationalen Einigung“ führt / Opposition lehnt Gesprächsangebot ab: „Wir wollen nur hören, mit welchem Flug er das Land verläßt“ / Erfolgreicher Generalstreik lähmt das Land

Panama–Stadt (afp/wps/ap/taz) - Panamas Armeechef Manuel Antonio Noriega, der eigentliche Machthaber im Land, hat am Montag abend zum erstenmal seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. Er sei bereit, seinen Posten noch vor der Präsidentschaftswahl im Mai 1989 zu verlassen - unter der Bedingung, daß eine „nationale Einigung ohne Einmischung von außen“ zustandekomme. Dies erklärte der faktisch von ihm vor drei Wochen eingesetzte neue Präsident Manuel Solis Palma in einer Rundfunk– und Fernsehrede an die Nation, die in der Nacht zum Dienstag landesweit ausgestrahlt wurde. Solis sagte, Noriega habe ihm das „Ehrenwort“ als Soldat gegeben, daß er sich ins Privatleben zurückziehen werde, sobald der „nationale Dialog“, an dem alle politischen Kräfte des Landes beteiligt werden müßten, zum Erfolg geführt habe. In einer Sitzung mit dem Generalsstab machte Noriega, dessen Sturz die USA mit Wirtschaftsembargo und Dollarblockade herbeiführen wollen, deutlich, daß er über seinen Abgang nicht mit dem Weißen Haus, sondern nur mit Panamaern verhandeln werde. Der „Bürgerkreuzzug“, der seit dem vergangenen Sommer die Opposition gegen Noriega anführt, lehnte das Gesprächsangebot des Generals ab. „Das einzige, was wir von Noriega hören wollen, ist, wann und mit welchem Flug er das Land verläßt“, sagte Aurelio Barria, Präsident der Industrie– und Handelskammer, der auch den „Bürgerkreuzzug“ anführt. Das US–Außenministerium, das noch am Freitag eine Delegation nach Panama geschickt hatte, um eine Beilegung der Krise auszuhandeln, wertete das Angebot Noriegas als eine Finte, mit der der General die neue Regierung legitimieren und seine direkte oder indirekte Kontrolle über die Streitkräfte sichern wolle. Noriega ist in den USA wegen Drogenhandels angeklagt. Washington hat nach Presseberichten angeboten, auf eine Auslieferung zu verzichten und ihn mit einer Maschine der US–Luftwaffe nach Spanien ins Exil auszufliegen. Unterdessen hat auch die dem Regierungslager angehörende „Arbeitspartei“ (PALA) einen „großen nationalen Pakt“ mit der Opposition vorgeschlagen. Der unbefristete Generalstreik „bis zum Sturz Noriegas“, zu dem der „Bürgerkreuzzug“, ein breites Bündnis politischer Parteien und mittelständischer Berufsorganisationen, aufgerufen hatte, wurde am Montag mindestens in der Geschäftswelt weitgehend befolgt. Etwa 90 Prozent der Läden und Büros waren geschlossen. Zahlreiche Arbeiter fanden die Tore ihrer Fabriken verschlossen vor, weil sich die Unternehmer dem Streik angeschlossen hatten. Allerdings haben sich auch in der staatlichen Verwaltung, in den Häfen, bei den Elektrizitätswerken und der Wasserversorgung, wo die Arbeiter vorwiegend in Noriega–treuen Gewerkschaften organisiert sind, viele Beschäftigte dem Streik angeschlossen. Der öffentliche Nahverkehr hingegen funktionierte hingegen noch zu etwa 70 Prozent. Auch in Ministerien wurde gestreikt, obwohl der Präsident allen Angestellten des Öffentlichen Dienstes im Falle einer Streikbeteiligung die Entlassung angedroht hatte. Im Öffentlichen Dienst und in den Häfen wird weniger gegen Noriega gestreikt als für die Auszahlung der Löhne. Gustavo Gonzalez, Funktionär der Hafenarbeitergewerkschaft, berichtete, sämtliche Führungsmitglieder der Arbeitnehmerorganisationen seien am Sonntag abend zu einem Treffen mit dem amtierenden Präsidenten befohlen worden. Dieser habe ihnen mitgeteilt, die Regierung habe kein Geld, um den Arbeitnehmern die nächste Rate der alle zwei Wochen fälligen Gehälter auszuzahlen. Schon vor zwei Wochen war die Zahlung unterblieben. Seit die USA die panamaischen Regierungskonten in Höhe von 50 Millionen Dollar eingefroren und die Zahlung der fälligen Gebühren für die Panamakanal–Zone in Höhe von 6,5 Millionen Dollar eingestellt haben, sind die Banken geschlossen. Inzwischen ist auch das Ausmaß der Säuberung in der panamaischen Armee bekanntgeworden. Nach dem gescheiterten, von Polizeichef Leonidas Macias angeführten Putsch gegen Noriega wurden an die hundert Offiziere entlassen, unter ihnen sämtliche Befehlshaber der Polizei, die in Panama Teil der Armee ist. Ob mit den Säuberungen und Beförderungen von Offizieren der Konflikt innerhalb der Streitkräfte beigelegt ist oder ob damit im Gegenteil der Anlaß für neue Kraftproben geliefert wurde, ist noch nicht abzusehen. Auffällig war am Montag, daß Polizei und Armee trotz gegenteiliger Ankündigungen anläßlich des Generalstreiks kaum präsent waren. thos