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I N T E R V I E W Tiefflieger sind pure Offensivwaffen

■ Die taz befragte Werner May, Bundeskoordinator der Tieffluggegner, zur Notwendigkeit von Tiefflugübungen „Ein Tiefflug ist letztendlich Körperverletzung“ / Im Grundgesetz steht kein Tiefflugauftrag

taz: Seit Jahren gibt es Proteste gegen Kriegsspiele über den Köpfen der Bevölkerung. 100.000 haben eine Petition gegen Tieffluglärm an den Bundestag unterschrieben. Kann man von Erfolgen sprechen? Werner May: Das Thema ist mittlerweile auf der Tagesordnung. Es gibt allein vierhundert Anfragen in diesem Zusammenhang im Bundestag. Ein spürbarer Erfolg ist, daß die Zahl der Flugübungen über der Bundesrepublik von 120.000 auf angeblich nur noch 90.000 reduziert worden ist. Das zu überprüfen sind jedoch leider nur die Militärs in der Lage. Bundesregierung und Militärs behaupten, eine weitere Reduzierung sei unmöglich und widerspräche dem Verfassungsauftrag zur Landesverteidigung. Die Bundesregierung plappert nach, was die Militärs ihr vorsagen. Als Fachleute hat sie immer nur die Militärs gehört. Friedensforscher, die ganz andere Konzepte im Kopf haben, werden beispielsweise nie eingeladen. Wenn man sich auf die Aussagen der Militärs verläßt, dann sind Tiefflüge natürlich unerläßlich. Im Grundgesetz steht aber nur ein Verteidigungsauftrag und kein Tiefflugauftrag. Man kann auch mit anderen Mitteln verteidigen als mit Tieffliegern. Kann man Tiefflieger über der Bundesrepublik überhaupt innerhalb eines defensiven Konzeptes einsetzen? Nein. Tiefflieger sind vom Charakter her Offensivwaffen. Übungen, die bei uns durchgeführt werden, sind reine Offensivübungen. Es wird geübt, in das Hinterland der Warschauer–Pakt–Staaten einzudringen. Um das zu können, muß man die feindliche Radarabwehr unterfliegen. Das ist zur Zeit der Auftrag bei den Luftwaffen, die hier üben. Und das ist wohl auf keinen Fall „vertrauensbildend“. Was bedeutet in diesem Zusammenhang der Begriff Abfangjäger? Es gibt auch einige Abfangjäger, aber die sind unter den Maschinen hier bei uns in der Minderzahl. Die wenigen Flugzeuge, die zum Abfangen fremder Jagdbomber da sind, werden - wie Alpha–Jet oder Phantom - zum Teil umgerüstet, um auch Offensivaufgaben übernehmen zu können. Aber Abfangjäger müssen in der Logik der Militärs auch üben. Ja, aber die müssen nicht den Tiefflug üben, sondern in größeren Höhen. Tiefflug ist nur zum Unterfliegen des feindlichen Radars nötig, um unentdeckt in das gegnerische Land eindringen zu können. Nach den Ereignissen der vergangenen Woche gibt es von verschiedener Seite Vorschläge, die Tiefflüge schrittweise einzuschränken oder zu verlagern. Können Sie sich damit anfreunden? Die organisierten Tieffluggegner sind der Meinung, daß weder eine Verlagerung hier oder in andere Länder noch eine Erhöhung der Mindestflughöhe helfen. Es hilft nur die totale Abschaffung. Ein Tiefflug ist bei der Lautstärke, die da auftritt, letztendlich Körperverletzung. Darüber gibt es Studien, die bisher nicht veröffentlicht wurden, weil das wahrscheinlich das Ende der Tiefflüge wäre. Interview Gerd Rosenkranz Kontakt: Bundeskoordination der Tieffluggegner, Obere Schloßgasse 3, 6509 Biebelnheim; Tel.: 06733/78 97

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