Keine Eile mit dem Beratungsgesetz

■ Auch FDP–Politikerin hält neue Regelung der Abtreibungs–Beratung für unumgänglich / Max–Planck–Institut untersucht „Abtreibungstourismus“ von Bayern nach Hessen / Zwei Drittel der Frauen für Fristenregelung

Bonn (taz) - Vor der Sommerpause wird es vermutlich keine Entscheidung über das umstrittene Beratungsgesetz zum §218 mehr geben. Die FDP–Politikerin Irmgard Adam–Schwaetzer sagte in Bonn, gemäß dem Parteitagsbeschluß der Liberalen sollten nun zunächst Anhörungen stattfinden, in die auch neuere Untersuchungen zur Abtreibungssituation wie die des Freiburger Max–Planck– Instituts und der Pro Familia einfließen müßten. Es gebe keine Notwendigkeit jetzt zu schnellen Entscheidungen zu kommen. Allerdings werde diese Legislaturperiode wohl kaum ohne ein Beratungsgesetz zu Ende gehen. Die Kritik der FDP–Frauen an dem von Ministerin Süßmuth vorgelegten Entwurf betrifft vor allem eine vorgesehene Länder– Klausel, die in Bayern und Baden– Württemberg weitere Verschärfungen möglich machen würde, sowie die Zielbestimmung der Beratung, die nach FDP–Vorstellungen nicht einseitig auf das Austragen des Kindes hin Druck machen darf. Ein ebenfalls kritisiertes Bußgeld für Ärzte, die sich nicht einer Fortbildung unterziehen wollen, ist bereits nicht mehr in der Diskussion. Kompromißformulierungen auf der Basis der Koalitionsvereinbarungen sollten nach Ansicht von Adam–Schwaetzer erst nach dem Ergebnis der Anhörungen erarbeitet werden. In den Fahrplan der gestrigen Bonner Koalitionsrunde für Entscheidungen bis zur Sommerpause wurde das Beratungsgesetz auch nicht aufgenommen. Für den kommenden Montag plant die grüne Bundestagsfraktion ebenfalls ein Hearing zu diesem Thema. Charlotte Wiedemann Max Planck–Institut: Abtreibungstourismus München (dpa) - Die Untersuchung des Freiburger Max– Planck–Instituts für internationales Strafrecht kam zu dem Ergebnis, daß 60 Prozent der Frauen aus Baden–Württemberg zu einem Schwangerschaftsabbruch ihr Bundesland verließen und fast alle hessische Einrichtungen aufsuchten. Damit sei eine Wanderung von Ländern mit restriktiven gesetzlichen Regelungen in Länder mit liberaleren Ausführungen zum Schwangerschaftsabbruch festzustellen, teilte die Max– Planck–Gesellschaft am Dienstag in München mit. Während der Schwangerschaftsabbruch in Hessen in dafür spezialisierten Einrichtungen und Arztpraxen fast ausschließlich ambulant nach der Absaugmethode bei örtlicher Betäubung vorgenommen werde, müßten Frauen in Baden–Württemberg meistens mehrere Tage in der Klinik bleiben. Häufig werde dort der Eingriff bei Vollnarkose mit der Kombination von Absaugung und Ausschabung vorgenommen. Zwei Drittel der Frauen befürworten nach diesen Untersuchungen die Fristenlösung oder eine Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs. Die Studie ergab auch, daß die Beratungsstellen Pro Familia mit ihrer liberaleren Haltung nicht im Gegensatz zu Beratungsstellen der Caritas stünden.