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Keine Entwarnung

■ Die Umfrage der deutschen Aids–Hilfe

Mit der Krankheit tauchten schwule Männer auf aus dem Dunkel der Subkulturen, das Virus brachte abenteuerliches Sexualverhalten ans Licht und bescherte dem Bürger wohlige Schauer. Alte Vorurteile wurden neu belebt, und kein Mitleid gab es für die schwulen Opfer. Der neuen Vorurteilspolitik Paroli zu bieten und die Anpassungsbereitschaft der schwulen Männer an die Katastrophe zu beweisen, waren Gründe für die Umfrage der Deutschen Aids–Hilfe (DAH). „Erfolgskontrolle“ nennt sie ihre wenig repräsentative Befragung, und vielversprechend emphatisch sind die Ergebnisse. Von den Befragten sollen 81 Prozent ihr Sexualverhalten geändert haben, sofern die richtigen Kreuzchen an der richtigen Stelle des Safer Sex–Propaganda–Katalogs eine Gewähr dafür bieten. Unter der öffentlichen Last der konkreten Bedrohung und der beständigen Anklage der individuellen schwulen Schuld war dieses Ergebnis vorauszusehen. Und schließlich muß die DAH den staatlichen Finanziers ihrer Arbeit den gelungenen Einsatz der Gelder bestätigen. Nichts einzuwenden ist im Zusammenhang mit Aids gegen Zweckoptimismus. Die Umfrageergebnisse sind jedoch kein Grund für voreilige Entwarnung. Im Gegenteil: Eine Intensivierung der Aufklärungs–, Beratungs– und Betreuungsarbeit gerade der sogenannten Risikogruppen ist vonnöten. Nicht die immensen Kosten für die flächendeckende Aufklärung der Gesamtbevölkerung sind gefragt - wobei der Schmuddelkram wie Fixen und Analverkehr außen vor bleibt. Im Vordergrund der öffentlichen Verantwortung muß die differenzierte Sorge für die akuten Aids–Opfer stehen. Die Verantwortlichkeit des schwulen Individuums belegen die Zahlen der DAH–Erhebung allemal, auch wenn der Wunsch hierbei der Realität vorauseilt, und die Ergebnisse, so die Selbsteinschätzung der DAH– Demoskopen, lediglich von „exemplarischem Wert“ sind. Elmar Kraushaar

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