: Lahmes Dementi Cromme will klagen
■ Krupp kündigt Strafantrag wegen des illegalen Abhörens und Verbreitens von Telefongesprächen an / Streik in Rheinhausen geht vorerst weiter
Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Der Vorstandsvorsitzende der Krupp–Stahl, Gerhard Cromme, hat in einem Brief an Ministerpräsident Rau den Rückzug angetreten. „Ich habe in diesem Telefongespräch keineswegs erklären wollen“, schrieb Cromme, „Vertreter der Landespolitik hätten ihre Zustimmung zum Kooperationsmodell der Unternehmen zum Ausdruck gebracht. Die Vertreter der Regierung haben in diesem Gespräch wie auch in den beiden Montanrunden keine Zweifel darüber gelassen, daß die Entscheidung ausschließlich bei den Organen der Unternehmen liegt, und daß eine positive Unterstützung einer Stillegung nicht zu erwarten wäre.“ Die Landesregierung gab sich mit der Stellungnahme Crommes zufrieden, obgleich Cromme seine in der taz dokumentierte Behauptung gegenüber dem Thyssen–Chef Kriwet, bei der Landesregierung habe die Meinung geherrscht, man solle es „möglichst schnell“ machen, um den „Krach“ wegzukriegen, nicht explizit widerrief. Im Gegenteil, in dem Brief an Rau findet sich sogar folgender Satz: „Ich stelle fest, daß ich in dem Gespräch mit Herrn Dr. Kriwet, den ich ja als betroffenen Kooperationspartner selbstverständlich vom Verlauf des Gesprächs unterrichten mußte, lediglich die aus meiner Sicht relevanten positiven Gesprächseindrücke mitteilte.“ Wie die aus Crommes Sicht aussahen, hat auch das WDR–Fernsehen in den entscheidenen Passagen live abgespielt. Arbeitsminister Hermann Heinemann, am 7.1. selbst Gesprächsteilnehmer, sagte, der Brief reiche für ihn „eindeutig aus“. Am Mittwoch meldete sich in Düsseldorf dann endlich auch die Fortsetzung Seite 2 Partei der Couponschneider zu Wort. Der „Lauschangriff“ auf Cromme, so der FDP–Fraktionsvorsitzende Achim Rohde, der „offensichtlich systematisch abgehört“ worden sei, sei unerhört. Unternehmer würden „immer mehr zum Freiwild erklärt“. Dadurch werde NRW als Ansiedlungsstandort „nicht gerade attraktiv“. Achim Rhode zeigte sich „empört“ über die Ausstrahlung des Tonbandes im WDR: „Der WDR hat sich damit zum Kumpan der taz gemacht. Das ist kriminell.“ Der stellvertretende SPD–Landesvorsitzende Christoph Zöpel, gleichzeitig Minister im Rau–Kabinett, sprach von einem „kriminellen Vorgang“. Deshalb habe sich der Landesvorstand an Wirtschaftsminister Jochimsen gewandt, weil der für die Post zuständig sei, berichteten Journalisten nach einem Hintergrundgespräch mit Christoph Zöpel. Für Zöpel handelt es sich „um einen strafrechtlich relevanten Anschlag auf die Meinungsfreiheit und auf die politische Kultur“. Der gemeinhin als „Linker“ eingestufte Zöpel, der sich in Rheinhausen noch nie hat sehen lassen, weiter wörtlich: „Ich akzeptiere nicht die übertriebene Darstellung der sozialen Dramatik der Betroffenen in Rheinhausen“. Die sei „nicht größer als die der 2,5 Millionen Arbeitslosen in der Bundesrepublik“. Unterdessen hat die Belegschaft in Rheinhausen die Fortsetzung des Streiks beschlossen. Für Mittwoch nachmittag, so teilte der Betriebsrat mit, bemühe man sich um ein Gespräch mit dem Krupp– Vorstand, zu dem auch die Landesregierung und ein Vertreter der CDU geladen werden sollten.
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