Heftiger Dollarsturz Aktienkurse sinken

■ Dollarkurs läßt sich nicht gesundbeten / Frühjahrstreffen des IWF von Dollarsturz und Kurseinbrüchen überschattet

Berlin (taz) - Während die Finanzminister der führenden westlichen Industriestaaten den Schuldnerländern der Dritten Welt anläßlich des Frühjahrstreffens des Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) in Washington Träume über einen globalen Schuldenerlaß strikt verboten, wurden ihre eigenen Phantasien über die rosigen Aussichten des Dollars von der realen Entwicklung an den Devisenmärkten jäh widerlegt. Nach der Nachricht über ein unerwartet hohes Handelsbilanz–Defizit der USA im Monat Februar von 13,8 Milliarden Dollar stürzte der Kurs der US–Währung am Donnerstagnachmittag um fast drei Pfennig abwärts. Noch am Mittwoch hatten die Notenbankchefs und Finanzminister der Siebenergruppe der wichtigsten westlichen Industrieländer (G–7) unter massivem Einsatz von Optimismus mitgeteilt, sie würden die aktuellen Wechselkurse und insbesondere den Dollar stabil halten. Einen Tag später machten die Märkte daraus einen Alptraum. Trotz des „Fühlungsvorteils“ der gemeinsamen Tagung und der unmittelbar und koordiniert vorgenommenen Dollar– Stützungskäufe von mindestens zehn Notenbanken konnte der Sturz des Greenback erst bei 1,6650 DM und 124,10 Yen abgebremst werden. Nach dem Dollar rutschten auch die Aktienkurse in die Tiefe. Bereits am Donnerstag gab der Dow Jones Index an der New Yorker Börse um fast fünf Prozent nach. Am Freitag setzte sich der Einbruch der Aktienkurse an den Weltbörsen im Fernen Osten und Europa, wenn auch abgemildert, fort. Plastischer konnten die Grenzen von G–7 nicht vorgeführt werden. Ihre Interventionsmöglichkeiten beschränken sich zur Zeit nicht zufällig auf kurzfristige Dollarstützungen durch die nationalen Notenbanken. Zu grundsätzlichen und langfristig wirksamen Strukturänderungen ist keine der Regierungen bereit, politisches Taktieren bestimmt die Szene. Während japanische und bundesrepublikanische Politiker sich beeilten, Forderungen der USA nach weiterer Ankurbelung der Binnenwirtschaft in ihren Ländern abzuwehren, haben die USA mittlerweile geradezu Probleme mit ihrer guten Konjunktur. Insbesondere die stark angestiegene Einfuhr von Elektrogeräten und Automobilen war es, die die neuerliche Aufblähung des Handelsbilanz–Defizits verursacht hatte. Da spielt es dann keine Rolle, daß diese Nachfrage zum größten Teil auf Pump zustandekommt. Aktivitäten wie die Gemeinschafts–Reise des US–Handelsministers Verity und einer Reihe prominenter Firmenvertreter nach Moskau zur Ankurbelung der Wirtschaftsbeziehungen mit der Sowjetunion können nur langfristig zum Ausgleich des Handelsbilanzdefizits beitragen. Die Reagan–Administration hat aber noch einen ganz direkten Grund dafür, alle Maßnahmen zur Dämpfung der aufgeblähten heimischen Konjunktur auf Eis zu legen: Damit würden die Chancen von Vizepräsident George Bush, das Weiße Haus für die Republikaner zu halten, erheblich geschmälert. Ebenso ist es nur bei einer ganz massiven Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vorstellbar, daß der Kongreß in einem Wahljahr noch weitere Budget– Einschnitte über die Sparvereinbarungen vom Januar hinaus beschließen könnte. Georgia Tornow