piwik no script img

Contra lehnte Vorschlag der Regierung ab

■ Vor Verhandlungen über einen endgültigen Waffenstillstand in Nicaragua will die antisandinistische Opposition technische Probleme gelöst wissen / CDU–Abgeordneter Scharrenbroich reiste zur Unterstützung der Contra nach Managua / Sandinisten befürchten Falschspiel

Aus Managua Ralf Leonhard

Nach sieben Jahren Krieg sitzt das Mißtrauen zwischen Sandinisten und Contras noch tief. „Die Sandinisten wollen uns aushungern.“ Mit diesem Argument verweigerte Contra–Führer Adolfo Calero am Sonntag die Zustimmung zu einem Vertragsentwurf, den die Regierungsdelegation am Morgen des zweiten Verhandlungstages vorgelegt hatte. Um das erklärte Verhandlungsziel, nämlich die Unterschrift unter einen dauerhaften Friedensvertrag zu erreichen, hatten die Sandinisten ein Dokument ausgearbeitet, das sowohl die noch offenen Punkte des sogenannten modus operandi als auch die Bedingungen des endgültigen Waffenstillstandes enthält. Darin wird ausgeführt, was im Vertrag von Sapoa am 23.März schon als Rahmenabkommen beschlossen wurde, nämlich die Entwaffnung der Contra–Kämpfer und ihre Eingliederung ins zivile Leben. Die Waffen sollen nach dem Regierungsvorschlag an eine Verifizierungskommission übergeben und ein Jahr lang aufbewahrt werden, bevor der neue Verwendungszweck vereinbart wird. Wenn sie sich einmal in sieben bereits ausgehandelten Zonen gesammelt haben, sollen die Contra–Kämpfer auch am nationalen Dialog teilnehmen und politische Reformen diskutieren können. Sie sollen von einer neutralen Organisation mit Nahrung und Medizin versorgt werden. Statt das Internationale Komitee des Roten Kreuzes mit dieser Aufgabe zu betrauen, wie es die Regierung vorschlägt, will die Contra das Angebot unter Privatfirmen ausschreiben, „um sich dann für die billigste Offerte zu entscheiden“. „Daß wir sie aushungern wollen, ist Unsinn“, erklärte Generalstabschef Joaquin Cuadra, „wir haben sogar jetzt schon friedenswillige Contra– Einheiten mit unseren Hubschrau bern versorgt.“ Die Contras ihrerseits wollen nur den modus operandi diskutieren, also die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien während der provisorischen Waffenruhe, die Ende Mai ausläuft. Um ein endgültiges Friedensabkommen drücken sie sich. Die Sandinisten vermuten, daß sie auf neue Waffenhilfe aus den USA spekulieren. Cuadra, einer der sandinistischen Verhandlungsführer, fürchtet, daß die Gegner nur die Waffenruhe suchen, damit sich ihre Truppen erholen können. Die Zweifel am ernsthaften Friedenswillen der bewaffneten Antisandinisten erhalten dadurch Nahrung, daß zwei ihrer wichtigsten militärischen Chefs, die in Sapoa dabei waren, diesmal fehlen. Es handelt sich um die Kommandanten Mack und Quiche, die engsten Mitarbeiter des militärischen Oberbefehlshabers Enrique Bermudez. Dieser opponiert in aller Offenheit gegen ein Friedensabkommen. Am Samstag erschien sogar in einer honduranischen Tageszeitung eine bezahlte Anzeige von Contra–Kommandanten, die in jedem Fall den bewaffneten Kampf fortsetzen wollen. Die behäbige Figur des SPD– Abgeordneten Wischnewski an der Seite der Sandinisten ist längst ein bekannter Anblick, jetzt hat aber auch die Contra–Delegation Schützenhilfe aus dem Deutschen Bundestag erhalten: Heribert Scharrenbroich, der innerhalb seiner CDU–Fraktion als gemäßigt gilt, ist seit Samstag in Managua. Der Abgeordnete, der in den siebziger Jahren Vertreter der Konrad–Adenauer–Stiftung in Zentralamerika war, wurde auf Wunsch von Azucena Ferrey herbeigerufen. Die einzige Frau im Direktorium der „Resistencia National“, wie sich die Contra offiziell nennt, hat erst vor einem Jahr ihre Funktion in der Christlichsozialen Partei Nicaraguas zurückgestellt, um sich der bewaffneten Opposition anzuschließen. Beraten wird sie vom ehemaligen Konrad–Adenauer–Stipendiaten Jose Davila, der schon seit Jahren in Costa Rica im Exil lebt. Die deutschen Christdemokraten haben ihre lange gewahrte Distanz zum bewaffneten Kampf in Nicaragua aufgegeben, weil ja jetzt der Friede verhandelt werde. Das wahrscheinliche Ergebnis dieses Treffens ist eine Verlängerung der Waffenruhe, kündigte ein Mitglied der Regierungsdelegation am Sonntag an. Ihr Ziel, in Managua einen Propagandaerfolg zu erzielen, haben die Contras kaum erreicht. Mehrere Kisten mit Flugblättern wurden gleich bei der Ankunft beschlagnahmt. Ein Auftritt bei der Sonntagsmesse von Kardinal Obando wurde ihnen auch verwehrt. Eine Meßfeier im Hotel, an der auch ihre Verwandten hätten teilnehmen können, lehnten die Contra ab. Für Montag (vor Redaktionsschluß) wurde die Unterzeichnung eines Teilabkommens erwartet. Außerdem standen Besuche bei der oppositionellen Zeitung La Prensa und den Bischöfen für den letzten Verhandlungstag auf dem Programm.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen