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DDR–Kirchenzeitungen zensiert

■ Zum zweiten Mal hintereinander weigerte sich die Ev.Kirche, den Änderungsforderungen der Zensurbehörde nachzugeben / SED–Politiker fordert von der Kirche mehr Zurückhaltung

Ost–Berlin (dpa) - Auch die neuen Ausgaben der evangelischen Wochenzeitungen Die Kirche und Potsdamer Kirche, die von der Leitung der Berlin–Brandenburgischen Kirche herausgegeben werden, sind wegen staatlicher Einsprüche nicht erschienen. Nach Angaben aus kirchlichen Kreisen vom Montag lehnte die Ost–Berliner Kirchenleitung die vom Presseamt der Regierung verlangten Änderungen in der Berichterstattung über die Synodaltagung vom 8.bis12.April ab, so daß nach der Nummer 16 auch die Nummer 17 der beiden Blätter nicht verbreitet werden konnte. Die neuen Ausgaben der eine Woche zuvor ebenfalls von staatlichen Verboten betroffenen thüringischen Kirchenzeitung Glaube und Heimat und der Mecklenburgischen Kirchenzeitung wurden, wie weiter verlautete, erst nach Änderungen gedruckt und ausgeliefert. Bei „Glaube und Heimat“ sei es um das Thema Ausreise gegangen. Die Mecklenburgische Kirchenzeitung, hieß es, habe in ihrer Berichterstattung über die Sy node die „augenblickliche Situation“ berücksichtigt. Mit Verspätung gedruckt worden sei inzwischen die Nummer 16 dieser Zeitung, die zunächst wegen eines Berichts über eine Klausurtagung der Leitung des DDR–Kirchenbundes verboten worden war. Hintergrund der staatlichen Zensurmaßnahmen war nach Informationen aus kirchlichen Kreisen die vom Presseamt vorgebrachte Forderung gewesen, in den Zeitungen solle in der Behandlung von Themen, die das gesellschaftliche Leben berühren und staatliche Angelegenheiten seien, Zurückhaltung geübt werden. Dazu gehörten etwa das Ausreiseproblem, die Bereiche Umwelt und Energie, Wehrdienstfragen und Probleme der Volksbildung. Bereits in einem am 19.Februar geführten Gespräch mit dem thüringischen Landesbischof und Vorsitzenden des DDR–Kirchenbundes, Werner Leich, hatte das auch für Kirchenfragen zuständige Mitglied des SED–Politbüros, Werner Jarowinsky, massiv den Vorwurf erhoben, die evangelische Kirche lasse sich in Vorgänge hineinziehen, die nicht mehr ihre, sondern staatliche Angelegenheiten seien. Nach erst jetzt bekanntgewordenen Einzelheiten äußerte Jarowinsky rund zwei Wochen vor dem Treffen Leichs mit Staats– und Parteichef Erich Honecker, in den evangelischen Kirchen gebe es Entwicklungen, die der Staat nicht länger hinnehmen könne. Die Kirche lasse Tendenzen der Mißachtung und Verletzung von Gesetz und Ordnung zu, erläuterte Jarowinsky dem Vernehmen nach weiter. Dabei habe er nicht nur auf Ereignisse im Zusammenhang mit der Durchsuchung der kirchlichen Umweltbibliothek Ende November verwiesen und auf solche nach den Verhaftungen im Zusammenhang mit der offiziellen Luxemburg/Liebknecht–Demonstration vom 17.Januar in Ost–Berlin, sondern auch auf die Ökumenische Versammlung in Dresden Mitte Februar. Für die Kirche gebe es keine rechtsfreien Räume. Die Beziehungen zwischen Staat und Kirche würden gefährlich belastet, wenn die Kirchen zu „Oppositionslokalen“ würden.

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