: Nord gegen Süd im Bundesrat
■ Albrechts Initiative zur Verteilung der Sozialhilfekosten fand gestern mit Hilfe der SPD–Länder eine Mehrheit / Im Bundesrat beschlossen / Die süddeutschen Länder sollen zur Kasse gebeten werden
Bonn (ap) - Die nördlichen Bundesländer bestehen auf dem Vorschlag des niedersächsischen Ministerpräsidenten Albrecht (CDU), der Bund solle die Hälfte der Sozialhilfekosten der Länder übernehmen und dafür einen größeren Anteil an der Mehrwertsteuer erhalten. Die CDU–geführten Länder Niedersachsen, Berlin und Schleswig–Holstein sowie die SPD–Länder stimmten gestern im Bundesrat dafür, den Gesetzentwurf im Bundestag einzubringen. Baden–Württemberg, Bayern, Rheinland–Pfalz und Hessen lehnten ebenso wie die Bundesregierung die Initiative Albrechts ab. Nach Vorstellung der Länder mehrheit soll der Bund über zehn Milliarden Mark an Sozialhilfekosten pro Jahr übernehmen. Zum Ausgleich sollten die Länder dem Bund zusätzlich vier Prozentpunkte vom Mehrwertsteueraufkommen überlassen, das wären etwa fünf Milliarden Mark. Die fehlenden Mittel im Bundeshaushalt könnten durch die Erhöhung von Verbrauchssteuern aufgebracht werden. Der NRW–Ministerpräsident Rau (SPD) betonte, die Strukturprobleme der Länder im Norden hätten nichts mit sparsamer oder großzügiger Haushaltsführung zu tun. Die Kommunen und die Länder müßten über die Sozialhilfe einen erheblichen Teil der Kosten für Langzeitarbei tslosigkeit, Pflegefälle und Asylbewerber tragen. Dafür müsse der Bund seinen Teil der Verantwortung tragen. Der bayerische Finanzminister Max Streibl (CSU) bestritt, daß es eine Benachteiligung der nördlichen Länder gebe. Der Süden könne nicht für die Strukturprobleme des Nordens verantwortlich gemacht werden. Bayern sei nicht bereit, zusätzliche Kosten zu übernehmen. Saarland will Amnestie für Sitzblockaden Bonn (dpa) - Der Bundesrat debattierte ebenfalls über eine Amnestie für die Teilnehmer von Sitzblockaden der Friedensbewegung. Nach dem vom Saarland eingebrachten „Straffreiheitsgesetz 1988“ soll die Amnestie für rechtskräftig verhängte Strafen, soweit sie noch nicht vollstreckt sind, sowie für zu erwartende Strafen gelten. Der Gesetzesantrag wurde an die Ausschüsse verwiesen. Der parlamentarische Staatssekretär des Bundesjustizministeriums, Friedrich–Adolf Jahn, sprach sich dagegen aus. Der saarländische Justizminister Walter (SPD) hielt dagegen: Nachdem sich die USA und die UdSSR verständigt hätten, sei es vernünftig, den Streit über die richtige Sicherung des Friedens nicht durch weitere Strafprozesse „auf nationaler Ebene aufrechtzuerhalten“.
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