: Grüne Ehrung für Parteispenden–Enthüller
■ Der Ex–Steuerfahnder Klaus Förster ist erster Träger des von den Grünen gestifteten Preises „Aufrechter Gang“
Aus Düsseldorf Walter Jakobs
„Wenn wir Herrn Förster mit manchen vergleichen, die so regelmäßig ihre Verdienstkreuze auf den oberen Etagen der Ministerien, in den Rängen der Politik und auf den Kommandohöhen der Wirtschaft erhalten, dann zeichnet es ihn allerdings aus, daß er heute nicht ordensgeschmückt vor uns tritt.“ So begrüßte Hans Leyendecker, Düsseldorfer Spiegel–Korrespondent und einer der Hauptrechercheure im Parteispenden– Sumpf, in seiner Laudatio den Mann, der wesentlich zur Aufdeckung der illegalen Parteienfinanzierung beigetragen hat: Klaus Förster. Ihm wurde jetzt der Preis „Aufrechter Gang“ der nordrhein–westfälischen Grünen verliehen. Als der ehemalige Leiter der Steuerfahndungsstelle St. Augustin dem Skandal auf die Spur gekommen war, hat er für seine Dienstauffassung, das geltende Recht gegenüber jedermann anzuwenden, bezahlen müssen. Zunächst wurde er gebremst, kaltgestellt und dann versetzt. Mit 50 Jahren verließ er freiwillig den „sicheren Versorgungshafen“, um „einer Resignation im Dienst vorzubeugen“. Die Verwaltung war ihm „zu eng“ geworden. Wie böse die Düsseldorfer Landesregierung ihrem Staatsdiener Förster war, zeigt das unwürdige Spiel, daß die Rau–Regierung betrieb, um nur ja nicht Förster - wie von vielen Bürgern gewünscht - für ein Bundesverdienstkreuz vorschlagen zu müssen. Ein Bürger rief gar den Petitionsausschuß des Landtages an, denn, so schrieb der Beschwerdeführer, „in der Staatskanzlei des Landes Nordrhein–Westfalen wird geprüft, geprüft und weiter bis zum Jahre 5000 geprüft“. Nach knapp vierjähriger Prüfung lehnte Ministerpräsident Johannes Rau 1987 auf Empfehlung seines Finanzministers Diether Posser die Ehrung endgültig ab, denn Förster „habe nur das getan, was seine Pflicht war“. Dazu Hans Leyendecker: „Wir haben durch Herrn Förster gelernt, daß jemand ein Provokateur, ein Machtergreifer, ein Grenzüberschreiter schon dann sein kann, wenn er nur Recht und Gesetz anwendet, im Interesse der Allgemeinheit.“ Mit der Auszeichnung von Förster sei die Hoffnung verbunden, daß immer mehr Leute den „aufrechten Gang praktizieren, auch wenn manche staatstragenden Kräfte dies nicht mögen“. In seiner Laudatio stellte der Spiegel–Redakteur bitter fest, daß die im Zusammenhang mit der Spendenaffäre dingfest gemachten Politiker ihr Treiben ohne Schaden überstanden hätten: „Friedrichs will ins Europaparlament, Graf Lambsdorff soll Parteivorsitzender werden und gilt hierzulande schon als elder statesman. Die moralische „Schizo“ ist zur Norm geworden, Trickbetrüger spielen Herren, Aufklärer sollen die Sudler sein, Berichterstatter die Täter.“ In den Behörden würden „leitende Positionen bis hinunter zum Regierungsdirektor immer mehr mit Menschen besetzt, derer Bereitschaft zum Sichkrümmen man sich vorher versichert hat. Der gebückte Gang wird zum Berufsbild.“ Die nordrhein–westfälischen Grünen wollen den Preis „Aufrechter Gang“ künftig alle zwei Jahre verleihen. Belohnen werden die Mächtigen eine solche Haltung nicht. Dazu Leyendecker: „Wie muß man sich in disem Staat bücken und krümmen, um an die Spitze zu gelangen? Und wie müsen die an der Spitze all diejenigen hassen und instinktiv ablehnen, die aufrecht gehen?“ Klaus Förster, früher CDU–Wähler, habe es aber auch Spaß gemacht“, sich gegen die „Beflissenheit und Eilfertigkeit durchzusetzen“. Das Bundesverdienstkreuz habe er nie annehmen wollen, seinen Standpunkt aber bis zur Entscheidung verschwiegen, „weil es mir eine diebische Freude bereitet hätte, das Bundesverdienstkreuz abzulehnen“. Stephan Krawczik, Liedermacher aus der DDR und an diesem Tag für die musikalische Untermalung zuständig, befand am Ende, daß die „beiden deutschen Staaten sich in den Chefetagen erstaunlich ähnlich“ seien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen