Rechtswidriges Beratungsgesetz?

■ Die Münchener Strafrechtlerin Monika Frommel hält das geplante Beratungsgesetz zum §218 wegen der indirekten Verschärfung des Strafrechts für rechtswidrig

taz: Der Juristinnenbund hat das geplante BeraMonika Frommel: Nach dem Grundgesetz müssen Strafgesetze klar und bestimmt sein und für den Adressaten verständlich. Davon kann hier keine Rede sein: Schon jetzt ist der Paragraph 218 für Frauen außerordentlich schwer verständlich. Wann ist der Abbruch legal? Wann macht sich eine Frau strafbar? Die Lage wird noch komplizierter durch die verschiedenen Richtlinien der Länder. Jetzt kommt ein Bundesgesetz dazu, bei dem man nicht weiß, was es regelt: Zum einen regelt es den Anspruch auf Fürsorge, auf Beratung, zum anderen aber auch strafrechtliche Materie. Praktisch ist das Ganze nur noch für wenige Eingeweihte durchschaubar. Ein solches Gesetz, das sich an Frauen richtet, die in kurzer Zeit eine Entscheidung treffen müssen, ist unzumutbar. Sie kritisieren auch, daß in die Grundrechte der beDie bestehende Regelung ist kompliziert, aber eines steht fest: Frauen werden nur dazu verpflichtet, sich über Hilfen zu informieren. Jetzt wird auf die BeraterInnen Druck ausgeübt, sich die Konflikte schildern zu lassen, die Frau dazu zu bringen, sich zu offenbaren. Frauen müssen sich auch in Zukunft nur informieren, doch die Rechtslage wird so unklar gemacht, daß Frauen sich kaum noch zur Wehr setzen werden. Können Sie sich juristische Wege vorstellen, gegen das Beratungsgesetz vorzugehen? Ich gehe davon aus, daß Bundesländer sich darauf berufen werden, daß der Bund gar keine Gesetzgebungskompetenz hat. Es gibt das Strafgesetz, und das könnte man direkt verschärfen, doch diesen Weg will die Bundesregierung nicht gehen, weil er unpopulär ist. Deshalb wählt man den Weg über die Beratung und beansprucht die Gesetzgebungskompetenz im Rahmen der öffentlichen Fürsorge. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden, natürlich kann der Bund zum Beispiel die personelle Ausstattung von Beratungsstellen bestimmen. Jetzt wird aber unter der Hand das Strafrecht verschärft, ohne die strafrechtliche Kompetenz zu beanspruchen. Das halte ich für rechtswidrig. Länder könnten unter dem Aspekt des Verstoßes gegen die Bund–Länder–Kompetenzen dagegen klagen. Interview: Helga Lukoschat