: Im Namen des StaLa
■ Statistik-Chef Appel verlangt hartes Vorgehen in Vobo-Verfahren Bei niedrigen Bußgeldern Abschluß der Volkszählung gefährdet
Im Namen des StaLa
Statistik-Chef Appel verlangt hartes Vorgehen in Vobo
-Verfahren
Bei niedrigen Bußgeldern „Abschluß der Volkszählung
gefährdet“
Der Präsident des Statistischen Landesamtes, Appel, hat sich angesichts von rund 10.000 Bußgeldverfahren gegen unentwegte Volkszählungsboykotteure massiv in die Rechtsprechung eingemischt. Appel, der sich gern rühmt, kein Interesse an einer Bestrafung von Volkszählungsgegnern zu haben, hat in einem Telefonat mit dem Justizsenat auf ein hartes Vorgehen gegen die Vobos gedrängt. Ein der taz vorliegender Brief des Justizsenats an den Innensenat referiert Appels Versuch, mit langem Arm in die Gerichtssäle reinzuregieren, mit folgenden Worten:
„Der Leiter des Statistischen Landesamtes, Herr Professor Appel, hat am 19.April fernmündliches folgendes Anliegen an mein Haus herangetragen. Das Statistische Landesamt rechne damit, daß bis zu 10.000 Bußgeldverfahren beim Amtsgericht Tiergarten anhängig werden könnten. (...) Er befürchte, daß die Höhe der Geldbußen individuell von den Richtern beanstandet werden könnte und damit die Einspruchsfreudigkeit und letztendlich der Abschluß der Volkszählung gefährdet werden könnte.“
Des Oberzählers Befürchtung, die Amtsrichter könnten die Bußgelder zu niedrig ansetzen oder die Verfahren gar einstellen, fand im Hause des Justizsenats offene Ohren. Aus dem vorliegenden Brief geht hervor, daß sich Justiz und Inneres bei dieser Kungelei einig sind. Anstatt sich gegen Appels Einmischung in die Justiz strengstens zu verwahren, macht der Justizsenat den Kollegen von „Inneres“ gleich etliche Vorschläge. „Um eine vom Standpunkt des öffentliches Interesses unvertretbare Verfahrenseinstellung zu verhindern“, solle das StaLa am besten gleich auf den Aktendeckeln mitteilen, in welchen Fällen die Teilnahme eines Amtsanwaltes gewünscht wird und wann ein Vertreter des Statistischen Landesamtes zur Schützenhilfe herbeigezogen werden soll. Bei der Amtsanwaltschaft, so schreibt Dr. Duske von Justizens weiter, werde man dafür sorgen, daß ein solcher Amtsanwalt bereit stünde.
Ein Amtsanwalt hat in Bußgeldverfahren die Funktion des Staatsanwaltes und wird bei Ordnungswidrigkeiten nur in seltenen Fällen beigezogen. Im Zusammenhang mit Bußgeldverfahren wegen Aufrufs zum Boykott hatte das Statistische Landesamt bisher in allen Verfahren von den Richtern eine Abfuhr bekommen. Eine erneute juristische Schlappe bei den Boykotteuren selber will man nun offenbar durch vorzeitige Absprachen verhindern.Vera Gaserow
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