: Sprengstoff-Kongreß mit Südafrikanern
■ Geplante Teilnahme von Rüstungswissenschaftlern des Apartheid-Staates auf Tagung des Fraunhofer-Instituts sorgt für Zündstoff / Oppositionsparteien werfen der Bundesregierung Verstoß gegen Rüstungsemb
Sprengstoff-Kongreß mit Südafrikanern
Geplante Teilnahme von Rüstungswissenschaftlern des
Apartheid-Staates auf Tagung des Fraunhofer-Instituts sorgt für
Zündstoff / Oppositionsparteien werfen der Bundesregierung Verstoß gegen Rüstungsembargo der UNO und EG-Beschlüsse vor
Von Helmut Lorscheid
Karlsruhe/Bonn (taz) - Für Aufregung sorgt in Bonn die Teilnahme von südafrikanischen Rüstungstechnikern an der 19.Jahrestagung des „Fraunhofer-Institutes für Treib- und Explosivstoffe“, die vom 29.6 bis 1.7.88 in der Karlsruher Stadthalle stattfindet. An der Fachkonferenz zum Thema „Verbrennungs- und Detonations-Phänomen“ beteiligen sich mehrere hundert Vertreter offizieller Forschungsinstitute und mit der Munitionsherstellung befaßter Firmen, vor allem aus NATO-Staaten. Teilnehmer werden jedoch auch aus der VR China, Taiwan, Schweden, der Schweiz und auch aus Südafrika erwartet. Laut Veranstaltungsprogramm werden am 30.Juni drei Wissenschaftler der südafrikanischen Firma „SOMCHEM“ über die militärische Treibstofforschung informieren. SOMCHEM ist ein Tochterunternehmen der staatlichen südafrikanischen Rüstungsfirma ARMSCOR. Politiker der Grünen und der SPD sehen in der Teilnahme der Wissenschaftler des Apartheid -Staates einen deutlichen Verstoß gegen „Wortlaut und Geist der Südafrika-Beschlüsse der Europäischen Gemeinschaft.“ In einer ersten Stellungnahme erinnerte die Südafrika-Expertin der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament, Barbara Sinoms, an den bereits im September 1985 beschlossenen Maßnahmekatalog der EG-Außenminister, zu dem auch das “... Abraten von wissenschaftlichen Veranstaltungen (gehört), sofern sie nicht zur Beseitigung der Apartheid beitragen...“ In gleicher Weise äußerte sich ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Bonn. Die Grünen -Bundestagsabgeordnete Ursula Eid richtete eine Anfrage an die Bundesregierung, in der sie wissen will, ob „die Teilnahme südafrikanischer Militärs und Rüstungswissenschaftler an der Jahrestagung des Fraunhofer -Instituts ... vereinbar“ sei mit der völkerrechtlich verbindlichen UNO-Resolution 418 aus 1977“. Diese, seinerzeit mit der Stimme der Bundesrepublik verabschiedete Resolution beinhaltet ein totales Rüstungsembargo gegen Südafrika. Für Ursula Eid stellt die Karlsruher Konferenz einen „Beweis dafür dar, daß die Bundesregierung aus dem U -Boot-Skandal nichts gelernt“ habe. Die Grünen in Karlsruhe haben Proteste für den Fall angekündigt, daß es bei der Teilnahme der Südafrikaner bleiben sollte. Bereits früher hatte es Widerspruch gegen die Anwesenheit der Südafrikaner an der alljährlich stattfindenden Tagung des Institutes gegeben. In der Antwort auf eine Anfrage der Grünen von 1984 hatte der Parlamentarische Staatssekretär im zuständigen Verteidigungsministerium - das Institut wird überwiegend aus Mitteln dieses Ministeriums finanziert -, Peter Kurt Würzbach, die Beteiligung mit dem Hinweis verteidigt, „ein freier Austausch wissenschaftlicher Forschungsergebnisse mit allen Ländern liegt im Interesse der Bundesrepublik Deutschland.“
Unter Hinweis auf diese Aussage vom 7.3.84 will die Grünen -Abgeordnete Ellen Olms in einer weiteren Anfrage nun von der Bundesregierung erfahren, ob sich an der Einschätzung der Bundesregierung hinsichtlich der teilnahme von SOMCHEM -Vertretern etwas verändert habe.
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