Abkleben reicht nicht

■ Kreuzberg stoppt Abkleben der Asbest-Wände / Senatsmethode gerät in Zweifel / BVV-Schulausschuß beschloß Asbest-Entfernung in Ossietzky-Schule

Starke Zweifel an der vom Senat verordneten Schutzmethode für die kürzlich in elf Schulen entdeckten asbesthaltigen Zwischenwände kommen jetzt aus Kreuzberg. Der Bezirk lehnt das vom Senat verordnete Abkleben der Fugen an den Wänden ab. Dies sei als Schutz vor Asbest nicht ausreichend, erklärte der AL-nahe Baustadtrat Orlowsky am Donnerstag auf Anfrage der taz. Bereits am Freitag letzter Woche stoppte Orlowsky die Arbeiten in der Ossietzky-Schule.

„Der Bauleiter hatte gemeldet, daß das Klebeband an Kreuzungspunkten nicht haftet“, erklärte Orlowsky. „Außerdem kann man das Klebeband leicht abpolken oder reinpieken.“ Am Mittwoch unterstützte auch die Gesamtkonferenz der Schule die Haltung des Stadtrats. Einstimmig beschloß der BVV -Schulausschuß, „eine vollständige Asbestsanierung einzuleiten“, das Asbest also zu entfernen.

„Die Kreuzberger Linie könnte man auch allen anderen Bezirken empfehlen“, meinte Orlowsky. In einigen Schulen anderer Bezirke kam es, wie berichtet, bereits zu Protesten, weil Schüler, Eltern und Lehrer sich durch das Abkleben nicht ausreichend geschützt fühlen. Im Schulsenat war am Donnerstag niemand mehr für eine Stellungnahme erreichbar.

Die Kreuzberger Ossietzky-Schule bleibt nun nicht nur bis zu den Sommerferien, sondern voraussichtlich noch für ein ganzes Jahr geschlossen. Die Sanierung der Wände, die entweder herausgenommen oder vom Asbest befreit werden sollen, kostet schätzungsweise 4 Millionen Mark. Orlowsky will das Geld vom Senat einfordern. Zahlt der Senat nicht, will Kreuzberg aus eigenen „Mitteln der baulichen Erhaltung“ die Sanierung bezahlen.

Volksbildungsstadtrat Engelmann (CDU), der Orlowskys Haltung unterstützt, erklärte allerdings am Dienstag, das Geld für 1988 sei bereits restlos verplant. Probleme wird es laut Engelmann auch bei der Suche nach Ersatzquartieren für den Schulbetrieb geben.

Die Hans-Sachs-Hauptschule hat bereits gegen den Plan protestiert, ihre Klassen auf andere Schulen zu verteilen, um in dem Gebäude am Mehringdamm die Ossietzky-Schüler unterzubringen.

hmt