Landes-Grüne melden Ansprüche an

Vertreter aus Realo-Landesvorständen wollen die Parteistruktur und vor allem den Bundeshauptausschuß umwälzen  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Nach dem Perspektivkongreß der Grünen am Wochenende haben VertreterInnen aus sechs überwiegend realpolitisch orientierten Landesvorständen ihre Absicht bekundet, mehr Einfluß auf die Bundespolitik der Partei zu nehmen. Eine entsprechende Erklärung wurde von 14 Vorstandsmitgliedern aus Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen namentlich gezeichnet. Die Länder-Grünen fordern darin eine „grundsätzliche Veränderung der Parteistruktur und vor allem des Bundeshauptausschusses“. Personelle Zusammensetzung und Kompetenzen dieses höchsten beschlußfassenden Gremiums zwischen den Parteitagen werden bereits seit längerem von einem Teil der Landesvorstände kritisiert. Die jüngste Erklärung fordert nun, „bis zu einer Neustrukturierung“ Beratungstreffen von Fraktion, Bundesvorstand und Landesvorständen einzurichten, um dort „aufkommende Konflikte rechtzeitig zu diskutieren und zu lösen“.

Der Perspektivkongreß habe „die Dialogfähigkeit der Partei gezeigt“, heißt es in der Erklärung. Die Grünen stünden in einer „zweiten Phase der Parteientwicklung“ und müßten nun „eine Schrittmacherrolle für ökologische und soziale Reformen“ übernehmen. Bei der Suche nach „konstruktiven Antworten“ dürften grüne Ziele nicht „prinzipienloser Taktiererei geopfert werden“, sondern müßten sich an grünen Grundwerten orientieren: dem Vorrang der Ökologie vor wirtschaftlichen Sachzwängen und der „verbindlichen Solidarität“ mit sozial Benachteiligten. Der Tenor des Papiers, das auf Martin Staeb (Niedersachsen) und Hendrik Auhagen (Baden-Württemberg) zurückgeht, entspricht in diesem Teil der Auffassung der sogenannten „kritischen Realos“, die eine drastische Umorientierung auf ein Mittelschichts-Profil nicht mittragen wollen.