: „Falschaussage muß vor den Staatsanwalt“
Die Grünen-MdBs Uschi Eid und Otto Schily zu ihrer Klage gegen Helmut Kohl ■ I N T E R V I E W
taz: Warum stellen die Grünen Strafanzeige gegen Kohl?
Schily: Wir stützen die Strafanzeige auf zwei Punkte: Es geht 1. um den Zeitpunkt, an dem Kohl von dem Abschluß des Vertrages vom 15.Juni 84 erfahren hat. Dazu hat er eine sehr präzise Aussage gemacht. Er hat gesagt, er habe von dem Vertragsabschluß erst im Sommer 85 erfahren und hat dann auf Nachfragen nicht ausgeschlossen, daß er schon im Oktober 84 von Teltschik informiert worden ist. Kohl hat nicht gesagt, daß er sich generell nicht mehr an den Zeitpunkt erinnern könne. Nur diese Aussage hätte ihn entlasten können. Der zweite Punkt ist das Nicht-Erwähnen des Strauß-Briefes und das Leugnen von Herrn Kohl und seine Behauptung, er habe mit Staatssekretär Schreckenberger nie über die Telefonate mit HDW und IKL gesprochen.
taz: Der SPD-Abgeordnete Gansel hat den Grünen vorgeworfen, die Klage komme zu früh, man solle erst mit dem Untersuchungsausschuß weitermachen.
Eid: Die Äußerung von Gansel ist nicht ganz verständlich. Im Untersuchungsausschuß kann nicht geklärt werden, ob jemand im strafrechtlichen Sinne eine Falschaussage gemacht hat. Das muß vor den Staatsanwalt. Die Aussage von Kohl vor dem 4. Untersuchungsausschuß ist abgeschlossen. Selbst wenn er dies heute korrigierte, würde ihn dies von dem strafrechtlichen Vorwurf nicht befreien.
taz: Jetzt wird ein HDW-Vermerk aus dem Jahre 1985 herumgereicht, wonach das Geschäft noch nicht genehmigt worden sei.
Eid: Der erklärt sich aus Meinungsverschiedenheiten damals im HDW-Vorstand. Während eine Minderheit auf einer schriftlichen Genehmigung bestand, war die Mehrheit der Meinung, eine mündliche Zusage aus Bonn sei ausreichend. Folgerichtig ist zwischen Oktober 84 und Juni 85 geliefert worden - nach bisherigen Erkenntnissen aufgrund des grünen Lichts von Schreckenberger.
ta7: Wie beurteilen die Grünen die Reaktion aus dem Kanzleramt? Schäuble hat gesagt, mit „Wortprotokollen“ werde „Mißbrauch“ betrieben.
Schily: Das wäre ja die makaberste Konsequenz, wenn die Regierung den Schluß ziehen würde, daß kein Wortprotokoll mehr geführt werden darf, um den Zeugen vor den Sanktionen zu bewahren. Das Untersuchungsrecht in Artikel 44 der Geschäftsordnung des Bundestages würde ohne Wortprotokoll praktisch gegenstandslos.
Interview: Ursel Sieber
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