: Streiks in Eriwan erschüttern Wirtschaft
■ Gestern morgen versammelten sich wieder Tausende in der Stadt / Bislang bereits wirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe durch die Streiks entstanden
Berlin (afp/dpa/taz) - Gestern morgen haben sich erneut Tausende von Menschen auf dem Theaterplatz in Eriwan versammelt und den Abzug der sowjetischen Truppen aus der armenischen Hauptstadt gefordert. Trotz eines Aufrufs des leitenden Bischofs von Armenien, Wasgen, zu Ruhe, Vernunft und Achtung der Gesetze wurden die meisten Betriebe in Eriwan und in Berg-Karabach weiterhin bestreikt.
Am Donnerstag abend hatten über 200.000 Menschen an der Beerdigung des Studenten Chatschik Sakarjan teilgenommen und auf Spruchbändern „Mörder raus aus Armenien“ und „Perestroika gegen Faschismus“ gefordert. Der armenische Ministerpräsident Fadei Sarkissjan gab unterdessen am Freitag im sowjetischen Fernsehen den Tod von drei Demonstranten in dieser Woche zu. Ein Sprecher des armenischen Innenministeriums erklärte außerdem, daß bei der Stürmung des Flughafens von Eriwan am Dienstag Sakarjan durch einen Genickschuß getötet worden war. Ein weiterer Demonstrant starb an einem Herzinfarkt, ein dritter durch mehrere Schüsse in die Lunge. Der Befehl zur Stürmung des Flughafens sei, so der Innenminister, aus Moskau gekommen. Er dementierte Gerüchte, wonach eine Ausgangssperre Fortsetzung auf Seite 2
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über die armenische Hauptstadt verhängt worden sein soll. Nach Angaben der offiziellen Nachrichtenagentur Armenpress soll der von der Bevölkerung geforderte Abzug der Truppen am Freitag begonnen worden sein. Daraufhin hätte sich die Lage etwas entspannt.
Der wirtschaftliche Schaden aus dem seit Montag dauernden Generalstreik gehe inzwischen in die Millionen, berichtete die 'Prawda‘. Auch andere Betriebe, die auf die Zulieferung aus Armenien angewiesen seien, wären inzwischen beeinträchtigt. Allein die zweitägige Schließung des Flughafens von Eriwan hätte zwei Millionen Rubel Ausfallkosten verursacht. Am Donnerstag haben nach Angaben der Zeitschrift „sozialistische Industrie“ in Eriwan von insgesamt 230 Betrieben nur 52 „regelmäßig“ gearbeitet. Die Gewerkschaftszeitung 'Trud‘ berichtete, in Berg-Karabach stehe weiterhin alles still.
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