Kleiner Imbiß mit atomarem Beigeschmack

RBU/Alkem lädt Presse zu „Hintergrundgespräch“ / Jurist erläutert Firmenübernahme durch Siemens / RBU-Genehmigung bis 1990 erwartet  ■  Aus Hanau Michael Blum

Er sei „schon seit 1985 hier tätig“, erklärt der dynamische Mittvierziger im karierten Sakko süffisant. Christian Stubbe, Rechtsanwalt und Syndikus der Siemens AG, ist der unbestrittene Star dem „Hintergrundgespräch für die Presse“ im Bau 413 des Hanauer Atomdorfs Hanau-Wolfgang. Zwar sind zu der Veranstaltung der Hanauer Reaktor-Brennelemente-Union (RBU) und der Plutonium Fabrik Alkem am Dienstag auch zwei RBU/Alkem-Geschäftsführer erschienen, doch Stubbe läuft ihnen mit seinen Monologen mühelos den Rang ab.

Für den Advokaten endet der „Terminplan am 1.8.1990 mit der Entscheidung über die endgültige Genehmigung“ der RBU. „Der 1.Schritt dahin“ sei mit der ersten Teilerrichtungsgenehmigung, die Hessens Umwelt- und Reaktorsicherheitsminister Karlheinz Weimar (CDU) vergangene Woche ausgesprochen hat, bereits gemacht. Im Frühjahr 1989 soll der „2.Schritt, die Nachrüstung und Inbetriebnahme der Gefahrenmelde-, Überwachungs- und Versorgungssysteme“ folgen. Planphase „3.Schritt: Nachrüstung und Inbetriebnahme der Betriebssysteme“ erwartet Stubbe für Mitte '89.

Ernst Stöcker war bis zur Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts auf illegalen Betrieb einer Atomanlage RBU / ALKEM -Manager. Heute ist er kaufmännischer Direktor beider Firmen und darf sich vor den JournalistInnen zur wirtschaftlichen Situation der RBU äußern: Der Marktanteil der von RBU gefertigten Brennelemente läge in der Bundesrepublik stabil bei „80 Prozent“, erläuterte er. Bis auf „zwei AKWs“ seien alle bundesdeutschen Atommeiler „durch die RBU bestückt“.

Gegen Horst Roepenack, Geschäftsführer von RBU / Alkem läuft ebenfalls ein Ermittlungsverfahren. Ebenso wie Stöcker ist er an diesem Dienstagnachmittag im holzvertäfelten Raum 316 nur für die skandalträchtige Historie beider Firmen zuständig.

An Stubbe ist es, die Siemens-Zukunftspläne vorzustellen: Noch in diesem Jahr sollen die Nuklearfirmen ins Siemens -Atomimperium einverleibt werden. Bislang scheitere die Übernahme allerdings an den „Verkaufspreisvorstellungen der Nukem“. Die hält jeweils 40 Prozent beider Firmen, die restlichen 60 Prozent sind im Besitz der Siemens-Tochter KWU, Ob eingegliedert oder als Tochterfirmen, stehe nicht fest. Fest stünden hingegen die Investitionskosten für die abschließende atomrechtliche Genehmigung. (Derzeit arbeitet Alkem mit vom Landgericht Hanau als rechtswidrig beurteilten „Vorab-Zustimmungen“.) Für Alkem betrügen die Kosten für die Nachrüstungen 120 bis 150 Millionen Mark; 33 Millionen Mark legt der Bund aus öffentlichen Mitteln drauf.

Ein entsprechendes Verfahren in Sachen RBU steht noch an. Gleichwohl zeigte sich das Triumvirat aus Alkem/Siemens/RBU zuversichtlich, daß dies nie eröffnet werde. Bei RBU würden die Nachrüstungskosten etwa gleich hoch sein, allerdings würde die BRD keine Zuschüsse geben, so Stubbe.

Für den aus dem Erlanger Hauptquartier der Siemens AG kommenden Stubbe ist die Situation vor Ort „ungewöhnlich, da bereits bestehende Anlagen nachgenehmigt werden müssen“. Eine „solche Verfahrensweise hat rechtliche Fragen aufgeworfen, die fast nicht mehr zu bewältigen sind“. Diese Verfahren seien ungleich „schwieriger als bei Atomkraftwerken“. Gleichwohl trifft die RBU / Alkem seiner Meinung nach keine Schuld an der verworrenen Situation. Es sei das Versäumnis der Bundesbehörden. Die hätten nicht rechtzeitig definiert, was sie von einem Sicherheitsbericht erwarten. Die Genehmigungsbehörden in Hessen hingegen hätten - mit Ausnahme der rot-grünen Koalition - im Rahmen ihrer Möglichkeiten klare Aussagen getroffen.

Deshalb ist Stubbe zuversichtlich, daß die in Zusammenarbeit mit der hessischen Genehmigungsbehörde erarbeiteten Anträge erfolgreich sein werden. Die drohende Eröffnung eines Verfahrens gegen den jahrelangen Betrieb der RBU mittels 17 „Vorabzustimmungen“ ist für den Advokaten daher nicht wahrscheinlich.

Nach der Besichtigung des Alkem-Plutoniumbunkers lädt Firmensprecher Jend die Journalisten zu einem Imbiß auf Firmenkosten. Eine ähnliche Zusammenkunft soll in Zukunft regelmäßig stattfinden, heißt es. Jend zieht einen „Journalistenstammtisch mit lockerem Zusammensein beim Bier“ vor, Roepenack setzt auf regelmäßige „Hintergrundgespräche“ samt Bewirtung außerhalb des „offiziellen Firmenkomplexes“. Die JournalistInnen sollen dabei die Gelegenheit erhalten, „Informationen zu bekommen, um Dinge richtig einzuordnen“.