: Mit Brandstiftung zur Feuerwehr
■ Daimler-Werkschützer legte Brände, weil er zur Werksfeuerwehr wollte
Ab und zu zünden Feuerwehrleute selbst einen Schuppen an, alarmieren dann die Kollegen und helfen bei den Löscharbeiten, um sich besonders hervorzutun. Zur Verhandlung stand am Montag vor dem Amtsgericht eine Variante, deren Hintergründe wenig heiter stimmen: Ein jetzt 32jähriger Mann legte mehrere Brände, um bei der Feuerwehr eingestellt zu werden.
Seit 1980 war H. Wachmann bei Daimler-Benz in Hemelingen. Zur werkseigenen Feuerwehr wollte er schon damals, war aber abgelehnt worden, weil er keinen Führerschein besaß. Im Februar 1983 lief der Werkschützer abends, nach einer Feier mit Kollegen „in gehobener Stimmung“, wieder Streife und zündete in der Halle 41 einen Stapel Rollpappe an. Begründung: „Ich dachte, daß ich auf diesem Weg vielleicht schneller zur Feuerwehr komme.“ Er alarmierte die Wehr und half bei den Löscharbeiten. Das Feuer wurde größer als erwartet - die Holzhalle, 25 mal 100 Meter groß, brannte vollständig nieder. Die Kripo schätzte damals den Sachschaden auf 10 Millionen Mark.
H. wurde dann auch von der Werksleitung für seinen Einsatz „belobigt“ - nur zur Feuerwehr wurde er nicht übernommen. Inzwischen hatte er seinen Führerschein gemacht, doch die freien Stellen bei der Werksfeuerwehr wurden nicht betriebsintern ausgeschrieben, sondern von außen besetzt. So legte er am 29. September 1984, am Abend nach einem „Tag der Offenen Tür“ und wiederum etwas angetrunken, erneut Feuer. Zunächst zündete er die Kunststoff-Verkleidung eines Schaltschranks in Halle 3 an und ließ dann einen Kollegen das kleine Feuer melden, das sie selbst löschten. Zwei Stunden später kokelte in Halle 5 eine Papprolle, an fünf anderen Stellen waren kleine Brandherde wieder ausgegangen. H.s Kollegen hatten eine unruhige Nacht, denn sie vermuteten, daß sich ein Besucher des „Tages der offenen Tür“ hatte einschließen lassen, um die Feuer zu legen. Das ganze Werksgelände wurde - ergebnislos - abgeriegelt und durchsucht.
Im Laufe des gestrigen Verfahrens wurde die ursprüngliche Anklage revidiert. Richter und Staatsanwältin glaubten dem Angeklagten, der die drei Brandstiftungen schon bei den Vernehmungen sofort gestanden hatte, daß er mit einem weiteren Brand ein Jahr später in Halle 34 nichts zu tun hatte. Außerdem stellte sich heraus, daß keine Menschen gefährdet worden waren - Arbeiter einer Reinigungskolonne am anderen Ende der Halle 3 waren durch eine Brandschutzmauer gesichert.
Unklar blieb jedoch, warum H. so gerne zur Feuerwehr wollte. Befragt wurde er nicht danach. Der psychiatrische Sachverständige Tietgemeyer zeichnete das Bild eines depressiven Mannes, der bereits früher einen Selbsttötungs -Versuch unternommen hatte und Anerkennung brauchte, um stabilisiert zu werden. Der indirekte „Appell-Charakter“ der Brandstiftungen habe eine wesentliche Rolle gespielt.
Günstige Sozialprognosen gaben Tietgemeyer und auch Richter Hogenkamp dennoch ab: Straffällig sei er seither nicht mehr geworden, seit zwei Jahren habe er wieder eine feste Arbeit und trinke auch nicht mehr. Das Schöffengericht erkannte auf zwei Jahre zur Bewährung und auf eine Geldstrafe von 3.000 Mark in 100-Mark-Raten. Hogenkamp: „Um Sie daran zu erinnern, welcher Blödsinn das war“. Falls sich wegen der Halle 41 Daimler oder eine Versicherung bei ihm melde, sei das Gericht bereit, auf die restlichen Raten zu verzichten.
mc
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