: Rot-grüne Zukunft für Hessen
Mit einer kommunalpolitischen Konferenz eröffneten die hessischen Grünen den Wahlkampf um die Rathäuser und Landratsämter / Das unerwartete Debakel der Wallmann-Regierung und die „rot-grüne Zukunftsoption“ ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Cappel/Frankfurt (taz) - Auf der ersten kommunalpolitischen Konferenz der hessischen Grünen in Cappel bei Marburg zeigte sich der „spiritus rector“ der „ökologischen Reformpartei“, Joschka Fischer, „überrascht“ von der „ins Stolpern und Stottern geratenen Wendepolitik“ in Wiesbaden. Das unerwartete Ausmaß des Debakels der hessischen CDU/FDP -Regierung stimmte den Ex-Umweltminister optimistisch im Blick auf die hessischen Kommunal- und Kreistagswahlen am 12.März 1989. In den Kernbereichen der „Wende“, nämlich in der Schul- und Umweltpolitik, seien die „Wallmänner“ metertief eingebrochen. Und die Grünen, so Fischer, hätten sich zur „Lokomotive der Opposition“ gemausert.
In seinem Eingangsreferat zur Konferenz, zu der sich am Sonntag rund 150 grüne MandatsträgerInnen aus zahlreichen kommunalen Parlamenten und Kreistagen des Hessenlandes zusammengefunden hatten, gab Fischer sich hoffnungsvoll, daß die Wallmann-Ära nicht wie befürchtet drei Wahlperioden umfassen werde, „sondern vielleicht schon 1991 vorbei ist“. Denn Wallmann sei einer der meist überschätzten Politiker in der Bundesrepublik.
Damit es trotz der „abenteuerlichen Politik in Bonn und in Wiesbaden“ (Fischer) im März '89 nicht zu unerwarteten Einbrüchen kommt, wollen sich die hessischen Grünen im Vorfeld der Wahl inhaltlich profilieren und organisatorisch erneuern. Drei Themenschwerpunkte sollen den grünen Wahlkampf prägen: Kommunale Wirtschaftspolitik unter veränderten Vorzeichen (Steuerreform), kommunale Energie und Umweltpolitik und Frauenpolitik in der Kommune. Die weißen Flecken der Grünen auf der politischen Landkarte Hessens, die Landkreise Fulda und Hochtaunus, sollen verschwinden. Die grüne „Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik“ (GAK) prophezeite, daß die Grünen erstmals in allen hessischen Wahlkreisen antreten werden. Ohne grüne Listen werden dagegen zahlreiche kleinere Gemeinden vor allem in Ost- und Nordhessen bleiben, doch auch hier seien die Grünen in die Offensive gegangen, hieß es auf der Konferenz. Genau 300.000 DM hat der Landesvorstand (LaVo) den strukturschwachen Kreisverbänden zur Verfügung gestellt, damit die „unterentwickelten Regionen“ (LaVo) der Grünen in Hessen personell und organisatorisch aufgepäppelt werden können.
Sollte es zu einer Renaissance oder gar zu einer Ausweitung der rot-grünen Bündnisse auf kommunaler Ebene kommen, seien „dicke Bretter zu bohren“, prognostizierte der ehemalige stellvertretende Landrat des Landkreises Wetterau, Rudolph Schwedes. Im Wetteraukreis war das „rot-güne Musterbündnis“ an der Uneinigkeit der SPD-Kreistagsfraktion in der Müllpolitik zerbrochen. Und auch Ulrike Kober, Stadtverordnete im rot-grünen Marburg, berichtete von den „Kuhhändeln mit der SPD“, auf die einzugehen die Grünen in der Universitätsstadt wegen der „Unbeweglichkeit der SPD“ gezwungen gewesen seien. Dirk Treber, Ex -Landtagsabgeordneter aus dem Kreisverband Groß-Gerau und Mitglied des dortigen Kreistages, hielt - hinter vorgehaltener Hand - dagegen: „Die einen nennen es 'Kuhhandel‘, die anderen 'das alte FDP-Spielchen‘. Ich nenne es Realpolitik.“
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