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Alle Contra-Macht der Nationalgarde

■ Hardliner-Fraktion um Bermudez dominiert jetzt die Contra / Austritt von sieben „Kommandanten“

Während die Sandinisten den Beginn ihres zehnten Jahres an der Macht feierten, tagten in der Dominikanischen Republik jene Kräfte, die verhindern wollen, daß dieses zehnte Jahr vollendet wird. Das Contra-Direktorium mußte sich der Wahl stellen. In einem Luxushotel der Hauptstadt Santo Domingo hatten sich Vertreter der Contra-Versammlung eingefunden, um ihre Stimme abzugeben. Die 54köpfige Versammlung besteht aus Vertretern der verschiedenen Exilparteien, des „Südlichen Oppositionsblocks“ Alfredo Cesars, der CIA-hörigen Miskitos, Gewerkschaftern und Unternehmern. Letztere nahmen an der Abstimmung nicht teil, weil sie die Wahl des Somoza -Offiziers Enrique Bermudez nicht unterstützen wollten. Andere wurden von dem Treffen ausgeschlossen, wie der Christdemokrat und ehemalige Konrad-Adenauer-Stipendiat Jose Davila.

So gab es kaum Gegenstimmen, als der Wunschkandidat von CIA und State Department, Enrique Bermudez, sich um die Aufnahme ins politische Direktorium bewarb. Bermudez, ein entschiedener Gegner von ernsthaften Verhandlungen mit den Sandinisten, rückt in die politische Führung auf, ohne seine Funktionen als Oberbefehlshaber der Contra-Truppen niederzulegen. Nun macht ein Vertrauter Somozas an der Spitze der Bewegung das demokratische Bild, das sich die Contra geben will, nicht gerade glaubwürdiger. Aber derzeit kommt es darauf gar nicht an. Entscheidend ist allein, ob der Kongreß in Washington die seit Februar unterbrochene Waffenhilfe wieder bewilligt. Dafür ist vor allem wichtig, Einheit zu präsentieren. Ein Gebot der Vernunft nach den internen Rebellionen gegen den als despotisch und korrupt verschrieenen Bermudez, die mit Schützenhilfe von CIA und honduranischer Armee unterdrückt worden waren.

Adolfo Calero, einst unumstrittene Nummer eins im Contra -Direktorium, mußte seinen Stolz und seine bekannte Abneigung gegen Bermudez hinunterschlucken, um mit 36 gegen 16 Stimmen wiedergewählt zu werden. Auch sonst wenig Veränderungen: der Bermudez-Vertraute Aristides Sanchez und der ewige Taktierer und ehemalige Sandinist Alfredo Cesar wurden bestätigt. Der bislang vakante Posten für den Vertreter der Atlantikküste wurde mit Wyclif Diego besetzt. Er gehört zu jenen Miskito-Kommandanten, die aus der vereinigten Indianerorganisation YATAMA ausgeschlossen wurden, weil sie mit den Contras gemeinsame Sache machten.

Die Auseinandersetzung zwischen der Somozistengruppe um Bermudez und den Verhandlungsbereiten, die in Nicaragua wieder politisch mitspielen wollen, ist noch nicht ausgefochten. Ein erstes Indiz gibt es schon dafür, daß sich die Contra-Chefs demnächst gegenseitig wieder die Köpfe einschlagen: der sogenannte „Generalstab der Südfront“ erklärte am Dienstag in Santo Domingo seinen Austritt aus der Rebellenorganisation. Die Truppe war im Mai 1987 aus ehemaligen Kämpfern von Eden Pastoras ARDE aufgestellt worden. Die sieben Südfront-Kommandanten beschuldigten Bermudez und Alfredo Cesar, ihre Leute während des Waffenstillstands systematisch von den „humanitären“ Hilfslieferungen aus den USA abgeschnitten zu haben. Die Contras seien nicht in der Lage, die Hoffnungen der Nicaraguaner auf ein „pluralistisches und demokratisches Regime“ zu erfüllen, sagten sie und bekundeten erneut ihre Unterstützung für den Mittelamerika-Friedensplan und das Waffenstillstandsabkommen.

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