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Namibia-Einigung mehr als ein Etappenziel?

Hoffnungsvolle Skepsis begleitet den Prinzipienkatalog, auf den sich Südafrika, Angola und Kuba letzte Woche in New York einigten  ■  Von Hans Brandt

Berlin (taz) - Chester Crocker drückte sich besonders vorsichtig aus: „Dieser Prinzipienkatalog bietet die Möglichkeit, als Katalysator für beschleunigte Verhandlungen zu dienen“, sagte der US-Afrikabeauftragte am Mittwoch in Washington. Zur selben Zeit warnte auch der südafrikanische Außenminister Rollof „Pik“ Botha in Pretoria: „Wir haben einen langen Weg zurückgelegt. Aber wir sind noch immer am Fuße des Berges. Die Strecke, die vor uns liegt, ist voller Kurven und Tücken.“ Tatsächlich bildet der Prinzipienkatalog, auf den sich Südafrika, Angola und Kuba unter Vermittlung der USA letzte Woche in New York geeinigt hatten, lediglich die Grundlage für weitere Verhandlungen. Konkrete Abmachungen über Zeitplan und Ablauf des Rückzugs der etwa 45.000 kubanischen Truppen aus Angola und der Unabhängigkeit Namibias gibt es noch nicht.

Dennoch wird das jüngste Abkommen in Washington als großer Erfolg für die Politik der Reagan-Administration im südlichen Afrika gewertet. Vor allem Crocker hat seit sieben Jahren eine unermüdliche Reisediplomatie betrieben, die nun erstmals zu konkreten Ergebnissen geführt hat. Die USA sind direkt an dem Konflikt beteiligt, weil sie die UNITA -Rebellen des Jonas Savimbi mit millionenschwerer Militärhilfe unterstützen.

Ein Beamter des US-Außenministeriums betonte am Mittwoch, daß die USA diese Unterstützung vorläufig nicht aufgeben würden. „Unter keinen Umständen werden wir uns einseitig aus dem Konflikt zurückziehen“, betonte er. „Wenn es keine Fortschritte bei einer internen politischen Einigung in Angola gibt, werden die Sowjets und wir so weiter machen wie zuvor.“ Das wäre mit der Situation in Afghanistan vergleichbar, wo trotz des Rückzugs sowjetischer Soldaten der Bürgerkrieg weitergeht.

Dennoch besteht die Hoffnung, daß ein Rückzug der Südafrikaner aus dem Konflikt und eine Entschärfung der Spannungen in der Region durch die Unabhängigkeit Namibias auch in Angola Frieden bringen könnte. Allein wirtschaftliche Interessen sprechen dafür. Schließlich ist Angola ein erdölreiches Land, in dem US-amerikanische Konzerne seit Jahren engagiert sind. Während die Reagan -Administration Waffen an UNITA liefert, tragen die US -Konzerne entscheidend zum Einkommen der linken Regierung in Luanda bei. Nur eine Einigung zwischen der angolanischen Regierung und UNITA könnte diesen Widerspruch auflösen.

Zentrale Frage bleibt jedoch nach wie vor, ob Südafrika eine Unabhängigkeit Namibias wirklich wünscht. Der Apartheid -Staat kontrolliert die ehemalige Kolonie Deutsch -Südwestafrika seit 73 Jahren, davon die letzen 2 Jahre in Mißachtung verschiedener UNO-Beschlüsse. Seit 1966 führt die südwestafrikanische Volksbefreiungsbewegung SWAPO von Stützpunkten in Angola einen bewaffneten Kampf gegen die südafrikanische Besetzung des Landes. Bedeutende Erfolge hat die SWAPO, die von der UNO als Vertreterin des namibischen Volkes anerkannt wird, allerdings nicht erzielen können. Viel wichtiger für die Südafrikaner war in den letzen Jahren ihre Unterstützung der UNITA, die ein immer stärkeres Engagement in Angola nach sich zog.

Erst die Verschärfung der Kampfhandlungen im Süden Angolas seit Ende letzten Jahres hat die Südafrikaner zu Verhandlungen mit den verhaßten Kommunisten aus Angola und Kuba bewegt. Bei schweren Kämpfen hatten sich seit September Tausende von südafrikanischen Soldaten an der Verteidigung des UNITA-Hauptquartiers im Süden Angolas beteiligt. Es folgte eine Offensive gegen die wichtige Garnisonsstadt Cuito Cuanavale, bei der die Südafrikaner schwere Verluste hinnehmen mußten, ohne die angolanischen Regierungseinheiten aus der Stadt vertreiben zu können. Weitere Rückschläge mußten die Apartheid-Truppen hinnehmen, als die Kubaner im Juni bis dicht an die Grenze zu Namibia vorrückten und einen wichtigen Staudamm angriffen.

Der jüngste Prinzipienkatalog wurde offiziell von der südafrikanischen Regierung angenommen. Das war aber auch schon 1978 mit der UNO-Resolution 435 der Fall, die den Rückzug südafrikanischer Truppen und freie Wahlen unter UNO -Aufsicht vorsieht. Die Realisierung dieser Resolution verhinderten die Südafrikaner, als sie mit Unterstützung der USA den Rückzug der Kubaner aus Angola als Vorbedingung forderten. Diese sogenannte „Linkage“ ist nun formell akzeptiert worden.

Beobachter in Südafrika bleiben dennoch skeptisch. „Ich zweifle an einem Durchbruch nach so vielen Etappen in diesem Prozeß,“ sagt Professor John Barrett, Direktor des südafrikanischen Instituts für internationale Angelegenheiten. Vor allem Südafrikas aggressive Haltung seinen Nachbarn gegenüber und der zunehmende Einfluß der Falken auf die Politik der Regierung spreche gegen eine friedliche Lösung. „Aber eins ist sicher“, sagte Barrett. „Wenn diese Gespäche erfolglos wären, würde es erst richtig schlimm werden.

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