: Coca-Cola-Offensive und der Streit ums Plastikbaby
Der Getränkekonzern kämpft um seine neue 1,5 Liter-Plastikflasche / Absatzvergrößerung statt Umweltschutz / Töpfer will Zwangspfand ■ Von Gudrun Ambros
Berlin(taz) - Eins, zwei, drei - Coca-Cola will seinen Absatz vergrößern. Nicht der Export in den Osten, wie das Billy Wilder vorführte, sondern Absatzvergrößerung in der Bundesrepublik ist das Rezept der deutschen Unternehmensleitung der Coca-Cola GmbH in Essen. Größere Flaschen sollen die Verbraucher zu höherem Konsum animieren. Damit die großen Behälter trotzdem noch vom Supermarkt heimgetragen werden können, wurden vor einiger Zeit 1,5 -Liter-Einwegflaschen aus leichtem Kunststoff, dem Polyethylenterephtalat, kurz PET, eingeführt. „Das ist sauberes Plastik, ein sortenreines Material“, versucht Klaus Hillebrand, Firmensprecher der Coca-Cola GmbH, von der Umweltverträglichkeit der Colaflasche zu überzeugen. „Es läßt sich recyceln und verbrennt ansonsten schadstofffrei.“
Daran glaubt niemand. Von verschiedensten Seiten hagelt es Proteste. Umweltschutzverbände und Städtetag sehen eine neue Müllawine auf uns zurollen, denn vor dem Recyceln oder Verbrennen verstopfen die Riesenflaschen erst mal Müllbehältnisse und Abfallhalden. Vor einer Woche nun hat Bundesumweltminister Töpfer angekündigt, per Verordnung alle Plastikflaschen von Erfrischungsgetränken mit einem Zwangspfand von fünfzig Pfennigen zu belegen. Nicht nur Einzelhändler, sondern auch Abfüller und Vertreiber sollen verpflichtet werden, Plastikleergut gegen Zahlung zurückzunehmen. So hatten sich das die Plastik-Cola -Unternehmer nicht vorgestellt. In einem Protestbrief an Töpfer sprachen sie gar von Prohibition. Denn das teure Pfand kann einen Strich durch ihre Absatzvergrößerungsrechnung machen. Dabei hatte man schon seit etlichen Jahren versucht, das Lieblingskind PET in der Bundesrepublik einzuführen. 1980 wurde mit einer Zwei-Liter -Mehrwegflasche der erste Markttest in Nordrhein-Westfalen gestartet, laut Lebensmittelzeitung ein Flop, weil die Flasche zu groß gewesen sei.
Die 1,5-Liter-Einwegsflasche soll nun die richtige sein. Einweg statt Mehrweg ist für den Multi kein Problem - da stört Coca Cola auch nicht die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt, die sich verpflichtet hat, ökologisch saubere Verpackungen zu entwickeln und herzustellen. „Wir ersetzen ja nur die Ein -Liter-Glas-Einwegflaschen, das Mehrwegsystem in der Bundesrepublik ist dadurch nicht bedroht“, erklärt Cola -Pressesprecher Hillebrand. Außerdem habe man durch Gründung einer Recycling-Firma, der PET-Recycling Deutschland GmbH, auch schon Sorge für die Entsorgung des PET getragen: „Wir nutzen vorhandene Sammelsysteme wie Grüne Tonne oder ähnliches.“ Die dort abgegebenen PET-Flaschen können recycelt werden, allerdings entstehen daraus, das moniert die „Informationsstelle Deutsches Mineralwasser“, „eben nur minderwertige Sekundärprodukte wie Fußmatten oder Blumentopfuntersetzer.“ Mehrweg-Glasflaschen werden dagegen nicht nur einmal benutzt und dann recycelt, sondern können laut Mineralwaserindustrie bis zu fünfzigmal frisch gefüllt werden, sind damit allemal umweltverträglicher. Die Vorstellung des Getränkemultis, es werde nur Einwegglas durch Einwegplastik ersetzt, nennt Dr.Hans-Jürgen Oels vom Umweltbundesamt schlicht „blauäugig“. Wie die Umweltschutzverbände befürchtet er eine Destabilisierung des Mehrwegsystems: „Der Beweis dafür ist aber erst möglich, wenn es zu spät ist.“ Den Recycling-Plänen der Coca-Cola GmbH steht er ebenfalls reserviert gegenüber. „Die Kosten für die Rückführung der PET-Flaschen sollen auf die Öffentliche Hand abgewälzt werden“, so sieht er das „Nutzen vorhandener Sammelsysteme“. Lange genug sei, wie es das Abfallgesetz vorsieht, versucht worden, die Getränkeindustrie dazu zu bewegen, freiwillig umweltverträgliche Verpackungen auf den Markt zu bringen. 1977 habe sich, so Oels, der Verband der deutschen Erfrischungsgetränkeindustrie in freier Absprache verpflichtet, auf großvolumige Plastikflaschen zu verzichten. 1985 habe Coca-Cola, wohl als Reaktion auf den Druck ausländischer Plastikflaschenimporteure Zwei-Liter -Einwegflaschen herausgebracht. Die sollten, so verlangte es das Umweltbundesamt im Herbst 1987, zumindest binnen der nächsten zwei Jahre bei einer Quote von 80 Prozent recycelt werden. Mit ihrem freiwilligen Sammelsystem wollte die Coca -Cola GmbH bis 1989 aber nur eine Recyclingquote von 40 Prozent schaffen. Daraus hat Töpfer in der vergangenen Woche die Konsequenzen gezogen und eine Rechtsverordnung zum Abfallgesetz angekündigt, die das Zwangspfand mit sich bringt. Diese Verordnung wird nicht nur die Coke-Hersteller treffen. Der Großkonzern und Marktführer übernimmt hier offenbar nur eine Vorreiterrolle für die gesamte Getränkeindustrie. Umweltschutzverbände wie Greenpeace und der BUND und auch das Berliner Institut für ökologisches Recycling sind gegen das Zwangspfand. Sie befürchten, dadurch entstünde der falsche Eindruck, die PET-Behälter seien umweltfreundliche Mehrwegflaschen und plädieren für ein Verbot der Kunststoff-Einwegverpackungen. Im Kabinett ist bis jetzt aber noch nicht einmal über Töpfers Pfandpläne gesprochen worden. Am vergangenen Mittwoch stand das Thema zwar auf der Tagesordnung, wurde dann aber kurzerhand vom Bundeskanzler gestrichen, weil der Umweltminister im Urlaub war.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen