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Keine Kunst bei Nacht

■ Durchgehend geöffnet bleibt nur ein Teil des Kulturbetriebs / Hassemers Vorstoß zu verlängerten Öffnungszeiten in Museen bringt Gewerkschafter in Harnisch / Einigungsverfahren angestrebt

Traum aller kulturbeflissenen Werktätigen: die Museen sind bis in die Nacht geöffnet, sechs Tage in der Woche. Ginge es nach Kulturstadt-Senator Hassemer, wäre dies für die Berliner Museen noch im Juli Wirklichkeit geworden. Zumindest für zunächst 11/2 Jahre. Doch Hassemer stößt mit seinem Projekt „Verlängerte Öffnungszeiten“ (bis 22.00 Uhr) auf den Widerstand der Personalräte und von Gewerkschaftern in den Museen. Länger offen, das geht nicht ohne mehr Personal: Anfang Juli hatte Hassemer seine Aktion mit einer Art Arbeitsplatzverlosung im SFB-Fernsehen begonnen. Eingestellt werden 150 ältere Langzeitarbeitslose über die gemeinnützige Vermittlungsfirma „Integra“, bezahlt von Sozialversicherungsbeiträgen der Bundesanstalt für Arbeit und einem Pauschalbetrag aus dem Pieroth-Programm. Nun beklagen Bedienstete und ÖTV, daß die Personalvertretungen nicht korrekt mitbestimmungsmäßig an der Aufstellung neuer Dienstpläne beteiligt wurden und lehnen die Schichtarbeit ab. Die ÖTV fordert mehr Festangestellte nach geltendem Tarifrecht, „statt sozial und rechtlich schlechter gestellte ABM-Kräfte einzustellen“. Von ÖTV-Funktionär Axel Buggert ist zu hören, daß die Personalräte sämtlicher Berliner Museen den neuen Zeiten nicht zustimmen. Auch die Museumsdirektoren stehen Hassemers Projekt „tendenziell ablehnend„(Jörn Merkert, Direktor der Berlinischen Galerie) gegenüber. Sie beklagen zusätzlichen Verwaltungsaufwand und eine hohe Fluktuation nicht festangestellter Museumswärter. Weil wegen der Ablehnung durch die Personalräte nun ein Einigungsverfahren notwendig wird, verzögert sich die Aktion Hassemers um mindestens acht Wochen, meint die ÖTV. Die Gewerkschaft argumentiert auch mit einer „Emnid„-Umfrage, in der sich angeblich nur 17 Prozent der Berliner für längere Öffnungszeiten an lediglich einem Tag pro Woche aussprechen. Bei einer Umfrage der taz in der Süleyman -Ausstellung zeigte sich das Publikum weniger zurückhaltend: die neuen Öffnungszeiten, die dort schon gelten, wurden einhellig begrüßt.

Hans-Hermann Kotte

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