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Schlechter Küsteneinsatz-betr.: Nordseeberichterstattung, taz vom 25.7.88

betr. Nordseeberichterstattung, taz v. 25.7.88

Ich finde eure Berichterstattung über den „Aktionstag Nordsee“ wird in Umfang und Inhalt der hoffentlich aufrüttelnden Bedeutung der Aktionen vieler Menschen an der Küste nicht gerecht. Sogar Springers „Hamburger Abendblatt“ läßt TeilnehmerInnen an der Menschenkette auf Sylt, zu denen ich auch gehörte, und Umweltminister Heydemann ausführlicher zu Wort kommen!

Warum hattet Ihr für die vielen kleineren Aktionen, z.B. auf Amrum, in St. Peter-Ording, Büsum, Friedrichstadt, Brunsbütel etc. mit zusammen etwa 60.000 TeilnehmerInnen nur so wenige Worte übrig? Sie waren doch keineswegs weniger bedeutsam als die spektakulärere Sylter Menschenkette! Das erste Mal in der Geschichte der BRD haben sich über 100.000 Menschen mit sehr unterschiedlichen (ja, auch wirtschaftlichen) Interessen zusammengefunden, um für das gemeinsame Ziel „Rettung der Nordsee“ zu demonstrieren. Werbung für die Nordseebäder war das ganz sicher nicht, zumal die Tagesgäste für die Sylter Menschenkette in Westerland DM 5,50 Kurtaxe bezahlen mußten, was in fast allen Medien auch gebracht wurde!

Den TeilnehmerInnen der Aktionen kam es nicht darauf an, bloß möglichst viele Menschen zu mobilisieren, sondern dafür zu sensibilisieren, daß sich jede/r einzelne in ihren/seinen Ansprüchen einschränken und manche liebgewordene Gewohnheit ablegen muß, wenn sie/er den persönlichen Beitrag zur „Rettung der Nordsee“ leisten will.

Euer/e Pressevertreter/in - wie auch fast alle anderen die eigentliche Botschaft von Prof. Heydemann und den NaturschutzvertreterInnen glatt verpaßt! Die zweite Kundgebung mit Minister Heydemann und den Initiativen um 15.00 Uhr vor dem Westerländer Rathaus war nämlich die weitaus wichtigere (als die in der Kurmuschel) - aber euer/e VertreterIn hat gefehlt! In seiner Stegreif-Rede hat Prof. Heydemann in so bildhafter, eindrucksvoller und betroffen machender Weise geschildert, wie jede/r einzelne konkret an der Verschmutzung der Meere beteiligt ist (Farben, Lösungsmittel, Plastiktüten, Autoverkehr, Reinigungsmittel, etc.) und was sie/er schleunigst tun sollte, um das zu ändern. (...)

Vielen mag die Eigenverantwortung für die Umweltzerstörung, die Wahrheit, unangenehm sein, aber dieser Umweltminister wagt, sie unter persönlichem Risiko zu formulieren, wie keine je sonst in unserem Staat! Ich traue Prof. Heydemann auch zu, entsprechend zu handeln. Dazu braucht und verdient er breite Unterstützung.

Andre Kotte, Landwirtschaftsstudent, Kiel

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