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Dallas lebt

Einigung zwischen US-Schriftstellergewerkschaft und TV-Produzenten in Sicht  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

Am Anfang stand eine kleine Gruppe von Künstlern, die um einen kleinen Teil ihrer Einnahmen stritten. Am Ende stand die Lebensweise einer ganzen Nation auf dem Spiel. Die Drehbuchautoren in den USA streikten 150 Tage lang. Mit scheinbar unaufhaltsamem Schwung steuerten die USA auf einen traurigen, ja einen grauenvollen Herbst zu: einen Herbst ohne neue Seifenopern, ohne neue Abenteuer der Ewings und der Cosbys, statt dessen mit großen Lücken im abendlichen Fernsehprogramm, in denen - so wurde zwischen San Diego und Boston befürchtet - neues allenfalls von George Bush und Michael Dukakis zu sehen wäre.

Sechseinhalb Stunden pro Tag verbringt der Durchschnitts -Amerikaner vor der Mattscheibe. Doch seit 22 Wochen weigerten sich die Hollywood-Autoren, Nachschub für die fernsehabhängige US-Bevölkerung zu produzieren. Im Herbst wäre der Vorrat an Stoff aufgebraucht gewesen, Entzugserscheinungen von nationalen Ausmaßen waren zu befürchten. Sorgen machten sich nicht nur die fernsehsüchtigen Familien, die wenig Neigung verspürten, ihre Abende mit alten Abenteuern auf der South Fork Ranch zu verbringen - nichts ist so alt wie Dallas vom letzten Jahr. Sorgen machten sich auch die Wahlkampfstrategen von George und Michael, denn ihre schönen Zielgruppenstrategien drohten der Starrköpfigkeit der Autorengewerkschaft zum Opfer zu fallen.

Natürlich sollten die Dukakis-Wahlkampfspots dort plaziert werden, wo möglichst viele betuchte Yuppies zuschauen. Denn die waren bei den letzten zwei Wahlen den steuerfeindlichen Parolen Reagans in besonders großen Scharen hinterhergelaufen. George Bush hingegen könnte am besten da auftauchen, wo viele Frauen zuschauen, denn deren Stimmen braucht er am nötigsten.

Sorgen machten sich auch die Bosse der drei großen Fernsehgesellschaften. Die Einschaltquoten im Herbst bestimmen den Preis der gesendeten Werbeminuten, sie sind die Börsenkurse der TV-Industrie. Ohne neue Shows schaltet aber keiner bei ABC, NBC oder CBS ein, statt dessen wandert die Zuschauergemeinde weiter zum Kabel ab. Die größten Sorgen machten sich aber Leute wie Keith Jackson, dem eine Gärtnerei in Hollywwod gehört, oder Dennis Grisco vom örtlichen Hundeverleih, die ihren Umsatz zum größten Teil mit den Fernsehproduktionsfirmen bestreiten. Ohne neue TV -Scripts gab es in Hollywood keine Arbeit für Sekretärinnen, Kameraleute oder Boten und keinen Umsatz für Restaurants, Friseure und Kopierläden. Tinseltown war lahmgelegt, das Bruttosozialprodukt am Boden.

Aber am Horizont ist ein Hoffnungsschimmer aufgetaucht, eine Einigung deutet sich an, meldet man aus Kalifornien. Worum ging der Streik eigentlich? Letztlich um die Dallas -Fans in der Bundesrepublik. Der Markt für Soap Operas hat längst die Grenzen der USA überschritten und ist zu einem weltweiten geworden. Bisher sahen die Scriptwriter in Hollywood kaum etwas von dem Geld, welches die ARD für eine amerikanische Fernsehserie an die Produktionsfirma zahlte. Die Produktionsfirmen verteidigten ihre Einnahmen aus dem Auslandsgeschäft mit Klauen und Zähnen. Es sei die einzige Möglichkeit, die wachsenden Produktionskosten zu decken. Die Drehbuchschreiber Hollywoods streikten für einen größeren Anteil an diesen Einnahmen, deren Bedeutung durch Kabel- und Privatfernsehen nicht nur in Europa immer größer werden dürfte. Die zwischen den Produzenten und der Writer's Guild ausgehandelte Einigung, die bis zum Wochenende von den Gewerkschaftsmitgliedern bestätigt werden muß, trägt dem Rechnung. J.R., an die Arbeit! Kamera ab!

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