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RAF zum Dialog-Vorschlag: Entweder alle oder keiner

■ Zum ersten Mal äußern sich Häftlinge der RAF zur Dialog-Initiative von Walser, Vollmer und Co. / Kritik: „Vertreter des linkshumanistischen Lagers“ meinen Angebot zum Gespräch nicht ernst / Keine kleinen Gruppen!

Berlin (taz) - Gefangene aus der RAF haben sich jetzt erstmals öffentlich zu einer Dialoginitiative geäußert, die im Herbst letzten Jahres unter anderem von dem Schriftsteller Martin Walser, der Grünen Antje Vollmer und dem Theologen Ernst Käsemann in Gang gebracht worden war. In drei Erklärungen, die die taz heute dokumentiert und die nach Informationen der taz von insgesamt zweiundzwanzig RAF -Gefangenen getragen werden, lehnen die Gefangenen einen Dialog mit gesellschaftlichen Kräften von außen nicht grundsätzlich ab. Die Häftlinge werfen den, wie sie sagen, „Vertretern des linkshumanistischen Lagers“ jedoch vor, das Dialogangebot nicht ernst zu meinen und unannehmbare Bedingungen zu setzen. In ihrer Kritik an Politik und Vorgehen der Dialog-Initiatoren ziehen sie das Fazit: „Um einen Dialog mit offenem Ausgang geht es nicht, es geht darum, jedem Widerstand, ob bewaffnet oder unbewaffnet, den Boden zu entziehen.“ Während draußen in einer „groß angelegten Medienkampagne“ von Dialog die Rede sei, werde in den Knästen Isolation und Zensur verstärkt. Real sei der Dialog-Vorschlag „nichts weiter als die propagandistische Begleitmusik zur Verschärfung der Haftbedingungen.“ Im vergangenen Oktober hatte Walser die Initiative zum gesellschaftlichen Dialog mit den Gefangenen der RAF in einem offenen Brief gestartet. Diese Initiative wurde von mehreren Prominenten aus Politik, Kultur und Kirche unterstützt. In vierteljährlichen Abständen, so der Vorschlag, sollten all die Gefangenen aus der RAF, die dazu bereit sind, an einem Ort zusammentreffen können, um miteinander und mit Gesprächspartnern von außen in eine Diskussion zu treten. Nach langen Vorarbeiten hatte im Februar dieses Jahres das Bundesjusitzministerium tendenzielle Zustimmung zu diesem Dialogversuch signalisiert. Die Gefangenen selbst hatten sich bisher öffentlich nicht dazu geäußert.

Fortsetzung auf Seite 2

Die RAF-Erklärungen

auf Seite 8 und 9

Zum Hintergrund ihrer Dialog-Initiative: Antje Vollmer

auf Seite 12 und 13

FORTSETZUNGEN VON SEITE 1

In den jetzt veröffentlichten ersten Stellungnahmen entzündet sich die Kritik der RAF-Gefangenen insbesondere an einer konkreten Initiative, über die die Beteiligten bisher bewußt Stillschweigen gewahrt hatten: In Nordrhein-Westfalen hat der Initiatorenkreis um Walser und Vollmer von den Justizbehörden im Mai grünes Licht für einen Dialog erhalten. Alle sieben in NRW einsitzenden Häftlinge aus der RAF erhielten daraufhin eine offizielle Einladung zu einem ersten Dialog mit Vertretern von außen.Für vier Stunden, so sieht die Vereinbarung vor, könnten die in vier verschiedenen Gefängnissen Inhaftierten zusammengelegt werden und ohne Sonderbewachung mit einem Personenkreis diskutieren, der zuvor von einer nichtstaatlichen Institution - gedacht ist an die Kirchen - zusammengestellt wird. Dieses Dialogangebot sollte nach dem Willen der Initiatoren ein Anfang sein, „ein Schritt dem andere folgen können“, so Antje Vollmer.

Gerade dieser Schritt stößt in den RAF-Erklärungen jetzt jedoch auf heftigen Widerstand. Vorbedingung für ein Gespräch sei, daß alle rund zwanzig RAF-Inhaftierten zusammenkommen. Ein Gespräch einer kleinen Gruppe von fünf bis sieben Gefangenen, wie sie der Vorschlag vorsieht, sei kein akzeptabler Dialog. Minimalbedingung sei, „daß wir alle daran beteiligt sind, also die Möglichkeit haben zu reden.“ Mit diesem Vorschlag hätten nicht sie, sondern die Initiatoren des Dialogs das Gespräch verweigert, schreibt der RAF- Gefangene Lutz Taufer in seiner Erklärung.Schon im März hätte man dieses NRW-Ländermodell deswegen abgelehnt.

Wie jetzt ebenfalls bekannt wurde, hatte es hinter den Kulissen schon vor der ersten öffentlichen Stellungnahme der Gefangen Tuchfühlung zwischen den Initiatoren des Dialogversuch und den angesprochenen Gefangenen gegebenen. Im März hatte die RAF ein Vorgespräch mit dem Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger gesucht. Bei einem Treffen mit Enzensberger, das in Schwalmstadt stattfand, sollte der dort einsitzende RAF-Gefangene Helmut Pohl stellvertretend auch für andere Gefangene die Bedingungen für einen Dialog „auschecken“ und gleichzeitig den Dialog-Initiatoren mitteilen, wie man sich ein solches Gespräch mit der sogenanten Außengruppe vorstellt. Ein zweites Treffen mit Enzensberger, das für Juli geplant war, kam jedoch nicht mehr zustande.

Dokumentation der RAF-Erklärungen S.8 und 9

Zum Hintergrund der Dialoginitiative Antje Vollmer auf den Kulturseiten S.14/15

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