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Volkszählung geht weiter

■ Alle Bremer Arbeitsstätten sollen noch erfaßt werden / Innensenator schließt Zwangsmaßnahmen nicht aus / Grüne und Netzwerk sammeln Bögen

In Bremen wird wieder volksgezählt, gefragt, gesammelt - und vielleicht auch mit Zwang gedroht. Die bislang noch säumigen kleinsten und auch ganz großen Betriebe, Ein-Personen -Rechtsanwaltspraxen, Supermarktketten wie Bioläden, werden seit einigen Tagen mit den bekannten großformatigen Umschlägen vom Bremer Statistischen Landesamt (StaLa) an ihre „Arbeitsstättenbögen“ erinnert und auf die Pflicht, diese auszufüllen, hingewiesen. Alle Selbständigen, wenn sie einen Betrieb, eine „Arbeitsstätte“ haben, sind betroffen. Die Volkszähler interessieren sich für Branche und Betriebsgröße, Lage und Zahl der Beschäftigten, für die Bruttolöhne und -gehälter.

KritikerInnen der Zählerei befürchten, daß damit bundesweit und regional vor allem Großun

ternehmen zugearbeitet wird, die etwa für ihre Ansiedlungspolitik Niedriglohngebiete oder Kaufpotentiale ausmachen wollen.

Die Zählung der Arbeitsstätten ist ein Teil der Volkszählung und unterliegt dem Volkszählungsgesetz offenkundig nicht aber dem Beschluß der Bremischen Bürgerschaft vom 19. Mai dieses Jahres, mit dem Zählen Schluß zu machen und auf Zwangs- und Bußgelder zu verzichten. „Die Volkszählung im eigentlichen und überwiegenden Sinne der personenbezogenen Daten wurde damals gestoppt“, erläuterte gestern gegenüber der taz der Pressesprecher des Innensenators, Backhaus, und erinnerte auch daran, daß Innensenator Meyer damals schon vor der Bürgerschaft angekündigt hatte, die Erhebungstellen für Verwaltungszwecke weiter geöffnet zu halten

und die Arbeitsstättenzählung zu beenden.

Anstatt weiterhin Steuergelder für diese Mahnaktion auszugeben, so forderte jetzt der innenpolitische Sprecher der grünen Fraktion, Martin Thomas, solle Meyer unverzüglich „diese Verstöße gegen Bürgerschaftsbeschlüsse“ unterbinden. Die Grünen waren aktiv geworden, weil sich eine Reihe von BürgerInnen bei ihnen über die Erinnerungsschreiben beschwert hatte. Ein Selbständiger hatte zum Beispiel erst am 28. Juni 88 den Fragebogen erhalten, für dessen wahrheitsgemäße Beantwortung der 25.4.1987 Stichtag war. „Die Daten sind veraltet und für eine Planung völlig unbrauchbar“, fassen die Grünen kurz zusammen.

Im Hause des Innensenators will man sich den Weg zu

Zwangsmaßnahmen noch offenhalten. „Wenn in zwei bis drei Wochen das Erinnerungsverfahren abgeschlossen ist“, so der Pressesprecher, „entscheiden wir, ob wir bei den Firmen mit Zwangsmaßnahmen antreten.“ Begründung: Anders als bei den personenbezogenen Daten steht der Behörde für die Arbeitsstätten nicht der Weg der Ersatzvornahme offen, wobei fehlende Angaben aus dem Melderegister ergänzt werden können. Backhaus: „Für die Wirtschaft, auch für Interessenverbände ist die Arbeitsstättenzählung eine unentbehrliche Arbeitsgrundlage!“

Nach dem Bürgerschaftsbeschluß habe das Schreiben des StaLa keine gültige Rechtsgrundlage, erklären die Grünen. 'Netzwerk‘ und das Grüne Büro sammeln die leeren Bögen, wie gehabt. Susanne Paa

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