piwik no script img

Aus für Berliner Triumph-Adler-Standort

■ IG-Metall: Nur 80 der zuletzt 220 Beschäftigten werden von der Firma Krone übernommen / Der Rest wird mit einem Sozialplan abgespeist / Scharfe Kritik, daß Senat „untauglichen Deal“ unterstützt / Auch Autohersteller Treser steht vor dem Konkurs

Alle Opfer, die die Belegschaft des Berliner Triumph-Adler -Werkes nach der im April 1986 vollzogenen Übernahme der deutschen Produktionsstandorte der Büromaschinenfirma durch den italienischen Olivetti-Konzern gebracht hat, haben nach den Worten des Berliner IG Metall-Chefs Horst Wagener nichts gebracht. Seit der Übernahme verloren 530 der 750 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz.

Wie der erste Bevollmächtigte der Metallergewerkschaft gestern bekanntgab, wurde für die noch verbliebenen Beschäftigten in der letzten Woche ein Sozialplan abgeschlossen. Das bedeute, daß die Produktion am Reinickerdorfer Firmenstandort in der Flohrstraße spätestens bis Mitte nächsten Jahres auslaufe und damit ein weiteres bedeutendes Wirtschaftsunternehmen Berlin den Rücken kehre. Nur 80 der jetzt noch 220 MitarbeiterInnen sollten demnächst von dem Berliner Telefonbau-Konzern Krone übernommen werden, so Wagner. Dafür werde Krone nach seinen Informationen zunächst eine Halle und dann sukzessive den Rest der Gebäude in der Flohrstraße erhalten. Nach einem Ankauf der Werksanlagen wolle der Senat diese an Krone zu günstigen Konditionen weitervermieten. „Die Forderung nach Übernahme des Betriebes und der gesamten Belegschaft muß man wohl im Hause des Wirtschaftssenators falsch verstanden haben“, kritisierte der Metallchef den „untauglichen Deal“. Bereits zu der Zeit, als die Volkswagen AG noch die Aktienmehrheit von TA gehabt habe, hätte der Senat eigentlich für einen Neubau Triumph Adlers an einem einheitlichen Standort zwecks Fertigung zukunftsträchtiger Produkte sorgen müssen. Das jetzige Geschäft stelle auch deshalb keine Lösung dar, weil Krone derzeit seines Wissens nur 37 freie Arbeitsplätze habe. Da Krone aber nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches die 80 Arbeitnehmer mit allen Rechten und Pflichten übernehmen müsse, bestehe die Gefahr, daß Krone -Beschäftigte entlassen werden. Man strebe deshalb eine Betriebsvereinbarung an, die sicherstelle, daß Krone mit der Teilübernahme der Triumph-Adler-Belegschaft ein Jahr lang keine betriebsbedingten Entlassungen vornehme, sagte Wagner.

Der IG Metall zufolge wird Krone nur die Facharbeiter aus der Triumph-Adler-Belegschaft übernehmen, dessen Anteil bei 35 Prozent liegt. Bei der Montage von Schreibmaschinen, die bis jetzt in dem Reinickendorfer Werk stattfindet, seien ansonsten nur Angelernte und zum großen Teil unqualifizierte Frauen eingesetzt. Bei einem fortschreitenden Personalabbau werde die Wertschöpfung des TA-Standortes in Berlin so niedrig sein, daß die Gefahr bestehe, daß die Anreize des Berlin-Förderungsgesetzes nicht mehr griffen, warnte auch die IG Metall letztes Jahr in Briefen an Bürgermeister Diepgen und Wirtschaftssenator Pieroth.

Unterdessen ist nach der Darstellung des IG-Metall-Chefs Wagner auch noch ein zweites Berliner Unternehmen der Metallindustrie in der Bredouille, nämlich der Automobilhersteller Treser. Erst am Donnerstag falle die endgültige Entscheidung, ob auch diese „Metallbude“ zumachen müsse oder wie vorgesehen die Bandproduktion von teuren Sportwagen aufnehmen könne. Dem Unternehmen fehlten derzeit noch eineinhalb Millionen Mark zur Rettung vor dem Konkurs, so Wagner. Nach der Entscheidung für eine Firmenansiedlung müsse der Senat jedoch auch „B sagen“, denn alles andere wäre gegenüber den 123 Mitarbeitern des Automobilherstellers unverantwortlich, die seit zweieinhalb Monaten auf ihre Gehälter warten. Der IG-Metall-Bevollmächtigte deutete indes an, daß der neue Teilhaber von Treser, die Tuning-Firma Oettinger, sich wieder von dem Geschäft zurückziehen wolle.

thok

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen