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WAA-Gegner kämpfen um Gehör

Abbruch des Anhörungs-Termins in Neunburg war Rechtsbruch, sagt Anwalt Baumann / Antrag auf Fortsetzung der Anhörung beim bayerischen Umweltministerium eingereicht / BBU richtet Petition an den Bundestag  ■  Aus München Luitgard Koch

Der Würzburger WAA-Anwalt Wolfgang Baumann hat einen Antrag zur Fortsetzung des Anhörungstermins in Neunburg vorm Wald beim Bayerischen Umweltministerium eingereicht. „Als Maßnahme zum Schutz der Grundrechte“ bezeichnet der Anwalt, der auch den Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) so wie ausländische Einwender vertritt, in seiner Begründung den Antrag. Da der Zweck der Anhörung weder nach der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung (AtVfV) noch nach dem Atomgesetz (ATG) erreicht ist, verstößt das abrupte Ende gegen Recht und Gesetz und ist damit ein eklatanter Rechtsbruch, so Baumann. Nicht der Verhandlungsleiter habe es in der Hand, den Termin einfach abzubrechen. Dem müsse nach dem Atomgesetz eine umfassende Erörterung vorausgehen. Dies werde auch durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) bestätigt.

In diesem Zusammenhang zitierte Baumann den Mülheim-Kärlich -Beschluß des BVG vom Dezember '79. Seitdem diene das Verfahren auch dem rechtlichen Gehör der betroffenen Bürger sowie deren Grundrechtsschutz. Besonders bedauert Baumann, daß gegen diesen Rechtsverstoß erst dann vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden kann, wenn die Genehmigung erteilt ist. Einhellig kritisieren die Einwender, vom BUND Naturschutz bis hin zur Österreichischen Plattform gegen die WAA, daß nicht einmal die Hälfte der Themen erörtert wurde.

Mit einer Petition an den Bundestag versucht der BBU eine Fortsetzung der Anhörung durchzusetzen. Die österreichischen Einwender kündigten bereits weitere „Grenzüberschreitungen“ an. Auch die Österreich-spezifischen Themen wie Donau -Belastung und Meteorologie wurden nicht behandelt. „Wir prüfen den Antrag, werden aber auch die Diskussion im Landtag abwarten“, erklärte der Leiter der Abteilung Kernenergie im bayerischen Umweltministerium Josef Vogl gegenüber der taz.

Die Einberufung einer „unverzüglichen Sondersitzung“ des bayerischen Landtags noch in der Sommerpause haben die 15 Abgeordneten der bayerischen Grünen sowie der überwiegende Teil der Landtagsfraktion der bayerischen SPD gefordert. Auch sie wollen mit einem Dringlichkeitsantrag den Freistaat zur Fortsetzung des WAA-Erörterungstermins zwingen. Ob die Landtags-Sitzung jedoch noch vor Ende der Sommerpause am 12.September läuft, ist fraglich.

„Das Erörterungsverfahren ist nicht aus Mangel an Themen abgebrochen worden, sondern um der DWK die Genehmigungsfähigkeit nicht zu verbauen“, so Armin Weiß, grüner Landtagsabgeordneter in München. Mit einer 20 Fragen umfassenden Interpellation, einer großen öffentlichen schriftlichen Anfrage zu einem wichtigen Thema, wollen die bayerischen Grünen deshalb den Freistaat zur Stellungnahme der durch den Abbruch unterdrückten Themen zwingen. Nachgebohrt wird vor allem bei der Frage von möglichen Störfällen, die von der DWK zwar in ihrem Sicherheitsbericht aufgelistet wurden, in Neunburg vorm Wald jedoch nicht zur Sprache kamen. „Der Katalog der offenen Fragen hätte noch viel länger sein können“, erklärte Weiß.

Themen, die beim Erörterungsverfahren zumindest angeschnitten wurden, sind im Fragenkatalog nicht mehr aufgelistet. Der Themenplan der Einwender reichte bis Ende August. Nicht nur der gesamte Komplex Störfälle wurde nicht diskutiert, auch über die Verglasungsanlage für hochradioaktiven Abfall konnte bei der Anhörung nicht gesprochen werden. Obwohl die existierende Versuchsanlage Mol dazu keinerlei Anhaltspunkte bietet, da die radioaktiven Abfälle aus der WAA nicht vergleichbar sind.

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